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Zu schade für den Müll:
Mit Korkensammlung für Dämmung sorgen
Sie haben edle Tröpfchen geöffnet oder eine Party geschmissen? Dann sind sicher ein paar Korken zusammengekommen. Die Naturkorken darunter sollten Sie nicht wegwerfen – sondern sammeln.
15. März 2022
Wie entsorgen Sie die Naturkorken von leeren Wein- oder Sektflaschen? Im Biomüll, im gelben Sack oder im Restmüll? „Die Korken sind weder bei Wertstoffen noch im Biomüll richtig aufgehoben. Und für den Restmüll viel zu schade“, sagt Guido Teenck, Projektverantwortlicher der „KORKampagne“ beim Naturschutzbund (NABU) in Hamburg. Er plädiert stattdessen fürs Sammeln und Recyceln.
Von den geschätzten 200 Millionen Naturkorken, die in Deutschland pro Jahr aus den Flaschen gezogen werden, werden nur 10 bis 15 Prozent recycelt, sagt Teenck. Jammerschade. Denn das Gros werde einfach weggeschmissen und letztendlich mit dem Restmüll verbrannt. Dabei dauere es bis zu 50 Jahre und vier bis fünf Schälungen, bis sich aus der Rinde einer Korkeiche überhaupt Korken stanzen lassen.
Wer es sich als Winzer leisten kann, importiert dann die Korken aus Portugal und Spanien. Denn nur dort wächst die spezielle Rinde der Korkeiche – damit schützen sich die Bäume im subtropischen Klima gegen Wasserverlust. „Aber auch gegen Brände“, sagt Teenck. „Wenn ein Baum abbrennt, ist er dank der Korkrinde nicht gleich tot.“
Weine aus dem Mittelmeerraum haben meist Naturkorken.
Neben den heimischen Winzern in Portugal und Spanien nutzen vor allem Wein- und Schaumweingüter aus dem Mittelmeerraum – allen voran Frankreich und Italien – den Naturkork für ihre alkoholischen Tröpfchen. „Deutsche oder Übersee-Weine haben kaum noch Naturkork-Verschlüsse. Aus Preisgründen steigen sie mehr und mehr auf Schraub- oder Kunststoffkorken um“, sagt Guido Teenck. Also keine nachwachsenden oder nachhaltigen Rohstoffe.
Bereits seit 1994 sammelt der NABU mit der „KORKampagne“ Naturkorken ein. „Damals fingen wir mit 60 Sammelstellen an, heute sind es 1.250. Sie sind vor allem im Norden Deutschlands vertreten“, sagt Teenck. Die nächste Kork-Sammelstelle lässt sich beim NABU leicht online über die Postleitzahlensuche herausfinden. Angenommen werden die Korken unter anderem in Schulen, Ämtern, Kitas und Alnatura-Märkten.
Wer keine Abgabestelle in der Nähe findet, kann es auch über die Partner der Diakonie versuchen. Ihre Sammelaktion „Korken für Kork“ ist mit mehr als 3.000 Sammelstellen vor allem im Süden Deutschlands vertreten.
Zweites Leben als Granulat für Dämmstoffe
Und was passiert mit den eingesammelten Korken? „Die kann man gut wiederverwerten. Sie werden in gemeinnützigen Werkstätten zu Granulat klein geschreddert und dienen als Dämmstoff für Wände und Böden“, erklärt Kork-Experte Teenck. Er zählt noch weitere Verwendungsmöglichkeiten auf: Korkauslegware, Dämmung in Autotüren oder Unterlage für Kunstrasen statt Gummimatten.
Bei Kunstrasenplätzen gibt es inzwischen eine weitere Verwendungsform: Seit neuestem wird das Korkgranulat dort zur Abfederung eingestreut. „Bisher wurde dafür umweltschädliches Mikroplastik verwendet“, sagt Teenck.
Die verarbeitenden Werkstätten zahlen für jeden gesammelten Korken einen Obolus für den Kranichschutz. Die Einnahmen werden für den Erhalt von Kranichüberwinterungsplätzen in der spanischen Heimat der Korkeiche sowie den Brutplätzen an der mittleren Elbe eingesetzt. „Mit Erfolg“, sagt Guido Teenck. Der Kranichbestand habe dort zugenommen.
Ebenfalls zugenommen habe die Anzahl der gesammelten Korken. Rund sechs Millionen seien 2021 gesammelt worden. Den „Corona-Effekt“ nennt es der NABU-Experte. Das spräche dafür, dass die Leute in der Pandemie mehr Flaschen köpfen – und damit entkorken.
Foto: Marijan Murat/dpa/dpa-tmn