Gesundheit

Süßungsmittel

27. Juni 2023

Sind Süßungsmittel eine gesunde Alternative zu Zucker?

Ob Ery­thrit oder As­par­tam – im Su­per­markt und auf Zu­ta­ten­lis­ten be­geg­nen uns häu­fig Sü­ßungs­mit­tel. Aber sü­ßen sie ge­sün­der als Zu­cker? Ein Über­blick.

Süßungs­mittel: Das ist der Ober­be­griff, un­ter dem sich so­wohl Süß­stof­fe als auch Zu­cker­aus­tausch­stof­fe ver­sam­meln. Was macht sie je­weils aus – und kön­nen sie ei­ne ge­sün­de­re Al­ter­na­ti­ve zu Zu­cker sein?

Süßungsmittel

Süß­stof­­­­­­­­­fe sind hoch po­­­­­­­­tent, das heißt um ein Mehr­­­­­­­fa­­­­­­ches sü­­­­­ßer als Zu­­­­cker. „Che­­­misch ge­­se­hen sind sie ei­ne bun­te Pa­let­te von Sub­stan­zen, un­ter­schied­lich kon­stru­iert und ver­schie­den in ih­rer Wir­kungs­wei­se“, sagt Stefan Kabisch von der Kli­nik für En­do­kri­no­lo­gie und Stoff­wech­sel­me­di­zin an der Ber­li­ner Cha­ri­té. Man­che schme­cken so­gar bit­ter. Ei­ni­ge wer­den im Darm auf­ge­nom­men, an­de­re wieder­um nicht.

„Im Ve­rgleich zu Zu­cker ha­ben Süß­stof­fe den Vor­teil, dass sie kei­ne Karies ver­ur­sa­chen und kei­ne Ka­lo­rien ha­ben“, sagt Katrin Böttner von der Ver­brau­cher­zen­tra­le Nord­rhein-West­fa­len. Zwölf Süß­stof­fe sind der­zeit in der EU zu­ge­las­sen, dar­unter Acesulfam K (E 950), Aspartam (E 951), Cyclamat (E 952) oder Saccharin (E 954) sowie Steviolglycoside aus Stevia (E 960a).

Ma­gen-Darm-Be­schwer­den durch Zu­cker­aus­tausch­stof­fe

Zu­cker­aus­tausch­stof­fe hin­ge­gen sind Zu­cker­al­ko­ho­le. „Che­misch sind sie al­le ähn­lich auf­ge­baut“, sagt Me­di­zi­ner Ka­bisch. In der EU sind der­zeit acht Zu­cker­aus­tausch­stof­fe zu­ge­las­sen, dar­un­ter Erythrit (E 968), Sorbit (E 420) oder Xylit (E 967). Ih­re Süß­kraft liegt im Be­reich von Zu­cker oder da­run­ter. Sie ha­ben zwar Ka­lorien, aber we­ni­ger als Zu­cker. Nur Erythrit bil­det hier ei­ne Aus­nah­me, es hat näm­lich kei­ne Ka­lo­rien. „Es wird im Darm nicht von Bak­te­rien zer­setzt, son­dern voll­stän­dig re­sor­biert und über den Urin aus­ge­schie­den“, sagt Stefan Ka­bisch. „Beim Ba­cken zum Bei­spiel kann man Erythrit ge­nau­so ver­wen­den wie Zu­cker.

Al­ler­dings kön­nen Zu­cker­aus­tausch­stof­fe in gro­ßer Men­ge Ma­gen-Darm-Be­schwer­den wie Bläh­ungen oder Durch­fall her­vor­ru­fen. „Die in­di­vi­du­el­le To­le­ranz ist un­ter­schied­lich, das soll­te man wis­sen, weil man sei­ne Be­schwer­den even­tu­ell gar nicht dar­auf zurück­führt“, sagt Katrin Böttner.

Evolutionäre Programmierung

Doch sind all die­se Stof­fe ei­ne ge­sün­de­re Al­ter­na­ti­ve zu Zu­cker? Ganz von vorn: Wer Bi­lanz über sei­nen Zu­cker­kon­sum zieht, muss nicht nur den In­dus­trie­zu­cker ein­be­zie­hen, der Le­bens­mit­teln zu­ge­setzt wird. Ne­ben Obst ent­hal­ten auch zum Bei­spiel Ho­nig oder Aga­ven­dick­saft na­tür­li­cher­wei­se den sü­ßen Stoff. „Das ist eben­falls flüs­si­ger Zu­cker, ge­sund­heit­lich al­so kaum anders ein­zu­ord­nen als der In­dus­trie­zu­cker“, sagt Ka­bisch.

Zu­cker ist zwar ein ener­gie­rei­cher Nähr­stoff, wir schaf­fen es aber auch, jahr­zehnte­lang oh­ne ihn zu über­le­ben. Un­ser Kör­per ist al­ler­dings evo­lu­tio­när dar­auf trai­niert, Zu­cker ger­ne zu es­sen und gro­ße Men­gen zu ver­wer­ten. „Als sich die­ses Pro­gramm eta­bliert hat, gab es lan­ge Zeit kei­ne Nah­rung, des­halb war es sinn­voll, Fett­re­ser­ven an­zu­le­gen“, sagt Ka­bisch. Heu­te sieht das an­ders aus. Aber un­ser Be­loh­nungs­sys­tem im Ge­hirn springt im­mer noch bei je­dem Zu­cker­reiz neu an.

Un­zu­rei­chen­de Da­ten­la­ge

Ei­ne „ge­sund­e“ Men­ge Zu­cker ist schwer fest­zu­le­gen. Die Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­tion (WHO) und die Deut­sche Ge­sell­schaft für Er­näh­rung (DGE) ge­ben an, dass man nicht mehr als zehn Pro­zent der täg­lich be­nö­tig­ten Ka­lo­rien in Form von Zu­cker auf­neh­men soll. Bei einem Ka­lo­rien­be­darf von 2.000 kcal wä­ren das rund 50 Gramm Zu­cker.

Al­ler­dings be­trifft das nur den frei­en Zu­cker. Al­so der, der in Pro­duk­ten oder na­tür­licher­wei­se in Honig, Frucht­säf­ten oder Si­rup ent­hal­ten ist. Zu­cker aus fri­schem Obst zählt nicht da­zu. „Zu­cker ist ein­deu­tig ge­sund­heit­lich pro­ble­ma­tisch, Süß­stof­fe und Zu­cker­aus­tausch­stof­fe we­ni­ger“, sagt Stefan Kabisch. Wel­che der Stof­fe we­ni­ger schäd­lich oder tat­säch­lich ge­sün­der sind, las­se sich man­gels aus­rei­chen­der For­schung nicht sa­gen.

Die Stu­dien­la­ge ist nicht ein­deu­tig, die Da­ten­la­ge lü­cken­haft, vie­le Stu­dien me­tho­disch nicht ein­wand­frei, fas­sen die Ex­per­ten zu­sam­men. „Letzt­lich ist es ei­ne Ab­wä­gung und per­sön­li­che Ent­schei­dung, die je­der und je­de selbst tref­fen muss“, sagt Katrin Böttner. „Die Mehr­heit der Stu­dien konn­te zwar kei­ne Ge­sund­heits­be­ein­träch­ti­gung von Süßungs­mit­teln be­stä­ti­gen, es be­steht aber noch viel For­schungs­be­darf.“

Darm­flo­ra stellt sich um

Beo­bach­tungs­stu­dien hät­ten etw­a ge­zeigt, dass Men­schen, die über die Ma­ßen Süß­stof­fe kon­su­mie­ren, häu­fi­ger über­ge­wich­tig sind und Dia­be­tes ha­ben. „Hier gibt es je­doch ver­mut­lich ei­ne um­ge­kehr­te Kau­sa­li­tät“, schil­dert Ste­fan Ka­bisch. Heißt: Nicht die Süß­stof­fe ver­ur­sach­ten die Krank­heit, son­dern Men­schen mit Dia­be­tes ver­such­ten den Dia­be­tes in Zaum zu hal­ten, in­dem sie an­fan­gen Süß­stof­fe zu kon­su­mie­ren.

„Bei den Zu­cker­aus­tausch­stof­fen gibt es noch we­ni­ger For­schung, aber es ist schon klar, dass die Darm­flo­ra sich um­stellt“, sagt Ste­fan Ka­bisch. Men­schen mit Darm­er­kran­kun­gen wie Mor­bus Crohn oder Reiz­darm soll­ten al­so vor­sich­tig sein.

Lang­fris­ti­ge Ent­wöh­nung

Ka­bisch und Bött­ner schla­gen vor, den ei­ge­nen Zu­cker­ko­nsum nach­hal­tig zu sen­ken. Die ge­sün­des­te Lö­sung ist da­mit al­so nicht, die Lust auf Sü­ßes durch Sü­ßungs­mit­tel zu stil­len – son­dern sie sich ab­zu­ge­wöh­nen. Hier ist Durch­hal­te­ver­mö­gen ge­fragt. Mal ei­ni­ge Ta­ge zu fas­ten, hilft auf Dau­er nicht wei­ter. „Das Be­dürf­nis, Sü­ßes es­sen zu wol­len, muss man sich lang­fris­tig ab­trai­nie­ren“, sagt Ste­fan Ka­bisch. „Das ist mach­bar, nicht bei je­dem und nicht im­mer gleich stark, aber es geht.“

Eben­falls wich­tig: beim Ein­kau­fen auf die Zu­ta­ten­lis­te schau­en. „Sü­ßungs­mit­tel sind in mehr ver­ar­bei­te­ten Le­bens­mit­teln ent­hal­ten, als man so denkt“, sagt Katrin Bött­ner. Al­so auch dort, wo man es nicht ver­mu­ten wür­de, nicht nur in sü­ßen Li­mo­na­den. Das Gu­te ist: Sie müs­sen ent­we­der mit der E-Num­mer oder ih­rem Na­men und der Be­zeich­nung „Sü­ßungs­mit­tel“ auf der Lis­te auf­tau­chen.

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Autor dieses Beitrags

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz ist Mit­­a­r­bei­­te­­rin der Öffent­lichen Olden­burg. Sie ist ver­ant­wort­lich für den Be­reich Pres­se und Kommu­ni­ka­tion.

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