Leben

Psychotricks im Jobinterview: Wie gehe ich damit clever um?

28. April 2025

Wie braten Sie ein Spiegelei? Wie Sie auf skurrile Fragen oder Tests reagieren - und wann Sie besser Abstand nehmen.

Kann ein Glas Wasser über den Erfolg oder Misserfolg Ihres nächsten Bewerbungsgesprächs entscheiden? Mit dem „Wassertest“ wollen Recruiterinnen und Recruiter angeblich Eigenschaften der Bewerberinnen und Bewerber ablesen können. Wer übermäßig trinkt, habe demnach keine Selbstkontrolle oder wird schnell nervös. Wer normal trinkt, zeige Selbstbewusstsein. Oder ein Gesprächspartner lässt mit Absicht einen Stift fallen, um so zu prüfen, ob eine Kandidatin schnell reagiert und den Gegenstand zurückreicht. Das soll dazu beitragen, die Sozialkompetenzen von Bewerberinnen und Bewerbern einzuschätzen.

Doch was ist dran an Berichten, dass Personalerinnen und Personaler auf solche versteckten psychologische Tricks setzen? „Ich halte solche Tricks für nutzlos und für ein Zeichen schlechter Personalauswahl“, sagt Klaus Melchers, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Ulm. Sie seien aber auch längst nicht so verbreitet, wie manche Berichte vermuten ließen. Seinen Beobachtungen zufolge sei es „nur eine sehr kleine Minderheit“, die sich solcher Methoden bediene, sagt der Psychologe, zu dessen Forschungsschwerpunkten das Thema Personalauswahl gehört.

"Was wären Sie für ein Haushaltsgerät?"

Ob sich ein Bewerber oder eine Bewerberin für eine freie Stelle eignet, werde man, so Melchers, auf diese Weise ebenso wenig herausfinden wie mit den bei manchen Personalern beliebten skurrilen Kreativfragen im Stil von „Wie würden Sie Ihr Spiegelei braten?“ oder „Was wären Sie für ein Haushaltsgerät?“.

Gar nicht so selten seien Job-Kandidaten damit konfrontiert, beobachtet Sarah Böning, Recruiting-Consultant aus Düsseldorf. Sie berät Unternehmen in der Frage, wie sie ihre Personalgewinnung verbessern – und rät ihren Klienten von einer solchen Vorgehensweise dringend ab: „Die Antworten sagen nichts darüber aus, ob ein Bewerber zur ausgeschriebenen Stelle passt oder nicht.“ Fragen im Bewerbungsgespräch sollten immer einen Bezug zu den Anforderungen des Jobs haben, betont Böning.

Frage nach Stärken und Schwächen

Im Recruiting-Prozess geht es darum, den beruflichen Erfolg eines Menschen im und für das Unternehmen zu prognostizieren. Maßgeblich dafür seien vor allem berufsbezogene Fertigkeiten, Kenntnisse und Vorerfahrungen, sagt Melchers. „Natürlich ist neben den fachlichen Anforderungen auch die Persönlichkeit relevant.“ Aber die erfasse man nicht mit Kaffeetassen-Tests und Fragen nach Küchengeräten. Und im Übrigen auch nicht mit der beliebten Frage nach den persönlichen Stärken und Schwächen. „Dafür gibt es andere Methoden, die verlässlich und valide sind, beispielsweise Tests noch vor dem Interview, mit denen Eigenschaften wie Gewissenhaftigkeit oder Verträglichkeit abgefragt werden können.“

Mit Gegenfrage reagieren

Doch wie sollten Bewerber reagieren, wenn die Haushaltsgerät- oder Spiegelei-Frage dann doch gestellt wird? Recruiting-Expertin Sarah Böning empfiehlt die Gegenfrage: „Was möchten Sie damit gern von mir erfahren?“ Wenn man sich mit einer Frage nicht wohlfühle, dann müsse man sie auch nicht beantworten. „Es geht im Bewerbungsprozess um den Umgang mit Menschen, um Wertschätzung und Augenhöhe“, sagt Böning.

Wer mit Psychotricks oder irrelevanten Fragen arbeite, lasse diesen Respekt vermissen, findet auch Arbeitspsychologe Melchers. Und das könne für ein Unternehmen durchaus negative Folgen haben: „Es gibt in der Forschung keinen Befund, dass diese Fragen brauchbare Vorhersagen beruflicher Leistung zulassen. Aber es gibt relativ viele Befunde, dass man Bewerberinnen und Bewerber mit solchen Fragen verärgert.“ Das könne sich in negativen Kommentaren auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen äußern.

Fokus auf die eigenen Talente – und keine Panik beim Wasser

Der Schwerpunkt einer guten Vorbereitung auf das Interview liegt jedenfalls nicht auf Haushaltsgeräten oder dem richtigen Umgang mit der Kaffeetasse. „Man sollte sich weniger mit möglichen Fragen der Gesprächspartner beschäftigen und mehr mit den eigenen Talenten, damit man diese dann möglichst konkret benennen kann“, sagt Sarah Böning. Was hat man im vorherigen Job erreicht, was dem potenziellen neuen Arbeitgeber zu bieten? Und statt nur zu reagieren, rät sie zu eigenen Fragen: „Schließlich bringt ein Jobwechsel gravierende Veränderungen mit sich.“ Je mehr Informationen man über die neue Tätigkeit sammelt, umso berechenbarer wird der Schritt.

Beim angebotenen Glas Wasser kann man übrigens ruhig zugreifen. „In den allermeisten Fällen ist das kein Psychotrick, sondern der Versuch, die Situation für die Bewerber zu entspannen“, sagt Klaus Melchers.

Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Das Online Magazin „Wir sind Nähe“
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Autor dieses Beitrags

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz ist Mit­­a­r­bei­­te­­rin der Öffent­lichen Olden­burg. Sie ist ver­ant­wort­lich für den Be­reich Pres­se und Kommu­ni­ka­tion.

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