• Oversharing_1680

    Ist das schon Oversharing

    Wenn es im Job zu privat wird

Lie­bes­kum­mer, Geld­pro­ble­me, Zip­per­lein: Auch am Ar­beits­platz teilt man manch­mal sei­ne Sor­gen und Nö­te. Doch wie viel ist zu viel? Wann ein Stopp-Sig­nal wich­tig ist

29. August 2023

„Too much in­for­ma­tion“: Man­che Din­ge aus dem Le­ben an­de­rer will man ei­gent­lich lie­ber gar nicht wis­sen. Er­zäh­len Freun­de oder An­ge­hö­ri­ge dann ein­fach wei­ter bis ins letz­te De­tail, kann man schon mal „Stopp“ sa­gen. Doch wie sieht das ei­gent­lich im Job aus – und wel­che In­fos aus dem Pri­vat­le­ben pas­sen hier­her?
Für den Psy­cho­lo­gen und Buch­au­tor Rolf Schmiel („Psy­cho­hacks für ein glück­li­ches Le­ben“) ist die Gren­ze zwi­schen ei­nem ver­trau­li­chen Ge­spräch und ei­nem Über­maß an pri­va­ten In­for­ma­tio­nen ein­deu­tig: „Over­sharing“, al­so zu viel zu tei­len, be­deu­tet, dass man In­ti­mes un­auf­ge­for­dert an­de­ren er­zählt. Und zwar dort, wo es üb­li­cher­wei­se nicht hin­ge­hört. „Wenn ich mei­ner Le­bens­part­ne­rin be­rich­te, dass ich ein ein­ge­wachse­nes Haar am Po ha­be, ist das schon sehr in­tim. Aber wenn ich das ei­ner Ar­beits­kol­le­gin er­zäh­le, ist die Gren­ze des üb­li­chen Rah­mens durch­bro­chen“, so Schmiel.
Das mag un­an­ge­mes­sen sein. Doch wer ein­mal im Ei­fer des Ge­fechts ein we­nig zu in­ti­me In­fos preis­gibt, muss des­we­gen noch kein dauer­haft pro­ble­ma­ti­sches Over­sharing be­trei­ben. An­ders kann das aber aus­se­hen, wenn man re­gel­mä­ßig und in­ten­siv über­aus pri­va­te Din­ge teilt. Und da­zu zäh­len nicht nur Be­rich­te über ein­ge­wachse­ne Haare oder Ze­hen­nä­gel. Auch Pro­ble­me in der Be­zie­hung oder fi­nan­zi­el­le Schwie­rig­kei­ten kön­nen recht in­tim sein.

Ein­sei­ti­ge Pro­blem­ge­sprä­che ver­mei­den

Klar, es gibt be­rei­chern­de Mo­men­te, in de­nen sich Kol­le­gen oder Kol­le­gin­nen öff­nen, man schwie­ri­ge Le­bens­si­tua­tio­nen oder Kar­riere­de­sas­ter mit­ein­an­der teilt und so mehr Ver­ständ­nis für­ein­an­der ent­wick­elt. „Schwie­rig wird es aber, wenn ei­ne Per­son wie selbst­ver­ständ­lich im Kol­legen­kreis per­sön­li­che Dra­men un­ge­fragt mit­teilt“, sagt Be­triebs­wir­tin Do­ro­thea As­sig, die ge­mein­sam mit Do­ro­thee Ech­ter Kli­en­ten im Top­ma­na­gement be­rät.
Ge­ra­de in Zei­ten, in de­nen teils je­des noch so pri­va­te De­tail in so­zia­len Me­dien ge­teilt wird, wir­ken die Gren­zen al­ler­dings oft flie­ßend. „Es scheint selbst­ver­ständ­lich und er­wünscht zu sein, sich au­then­tisch zu zei­gen, mit al­len Schwä­chen, Krank­hei­ten und Miss­er­fol­gen“, sagt die Mün­chner So­zio­lo­gin Do­ro­thee Ech­ter. Die­ser Ein­druck täu­sche je­doch. „Over­sharing ist ein­sei­tig, kein ver­trau­li­ches Ge­spräch, es ent­springt dem Be­dürf­nis, sich selbst zum in­te­res­san­ten Mit­tel­punkt zu er­he­ben“, sagt As­sig. Die Men­schen drum­herum wer­den qua­si zum Zu­hö­ren ver­pflich­tet. Für Do­ro­thee Ech­ter ist Over­sharing dann auch ei­ne Kon­takt­stö­rung. „Je­mand will Mit­ge­fühl er­zwin­gen und be­kommt statt­des­sen Scham und Dis­tanz – die je­doch nicht ge­äußert wer­den.“

Gren­zen set­zen

Doch nicht je­des The­ma, je­des Ge­spräch muss im Job un­kom­men­tiert er­tra­gen wer­den. „Kei­ner hat das Recht, mei­ne kom­mu­ni­ka­ti­ve Pri­vats­phä­re voll­zu­mül­len. Ich las­se auch nicht zu, dass je­mand eine Rol­le Toi­let­ten­pa­pier auf mei­nen Schreib­tisch legt“, sagt Schmiel. Zur schäd­li­chen Selbst­of­fen­ba­rung ge­hö­ren ihm zu­fol­ge des­halb im­mer auch zwei Sei­ten: „In der Be­leg­schaft hat der­je­ni­ge, der re­gel­mä­ßig Over­sharing er­lebt, ein­fach selbst auch ein ech­tes Ab­gren­zungs­pro­blem“, sagt Schmiel. „Die Ver­ant­wor­tung ist fif­ty-fif­ty. Es sei denn, das Over­sharing wird vom Chef be­trie­ben.“ Hier las­se man es oft in der Sor­ge über sich er­ge­hen, dass ge­nerv­tes Au­gen­rol­len ne­ga­ti­ve Kon­se­quen­zen ha­ben könn­te.
Ein Rat von Dorothea Assig: „Wenn Sie nicht in al­len De­tails schwie­ri­ge per­sön­li­che Dra­men mit­ge­teilt be­kom­men möch­ten, dann sa­gen Sie es so, dass sich die an­de­re Per­son nicht be­schämt fühlt.“ Denn wer sich be­vor­mun­det oder ober­leh­rer­haft be­han­delt fühlt, geht schließ­lich schnell in die Ge­gen­wehr. Sa­gen könn­te man aber bei­spiels­wei­se: „Bit­te ent­schul­di­ge, ich füh­le mich nicht wohl, ich bin nicht die rich­ti­ge Per­son für die­ses Ge­spräch, denn ich kann da­zu gar nichts sa­gen.“
Rolf Schmiel emp­fiehlt „Ich-Bot­schaf­ten“ zu ver­wen­den, die er­klä­ren, wa­rum ei­nen die ent­spre­chen­de In­for­ma­tion be­las­tet, ir­ri­tiert – oder man sie für un­an­ge­mes­sen hält. Ein­lei­ten könn­te man das Ge­spräch dann mit Wor­ten wie: „Viel­leicht bin ich selbst ein biss­chen zu emp­find­lich. Aber bei mir ha­ben dei­ne Schil­de­run­gen fol­gen­de Wir­kung ...“. Im Ideal­fall nimmt man sich Zeit da­für und wählt eine ent­spann­te Si­tua­tion – viel­leicht bei ei­nem ge­mein­sa­men Spa­zier­gang.
Foto: Christin Klose/dpa-tmn
 
 

Autorin

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz ist Mit­­a­r­bei­­te­­rin der Öffent­lichen Olden­burg. Sie ist ver­ant­wort­lich für den Be­reich Pres­se und Kommu­ni­ka­tion.

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