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Brennnessel meiden, Buchen suchen
Stimmen Pilzmythen wirklich?
Man weiß nie, was man kriegt, sagt der unbedarfte Pilzsammler. Der Kenner aber weiß, wo er erfolgreich sucht. Wer die Zeichen des Waldes kennt, den erwartet großer Pilzschmaus.
14. September 2020
„Ich hab einen!“, möchte man am liebsten in den Wald schreien. Denn schon der Anblick des erspähten Pilzes lässt das Herz schneller schlagen. Es ist nicht nur die Vorfreude auf die erhoffte Pilzpfanne, sondern auch das Glücksgefühl, das sich beim Entdecken einstellt. Doch der ausgefuchste Pilzsammler verlässt sich nicht auf Glück allein. Er weiß, wo sich Pilze wohlfühlen und wird nicht kilometerweit durch einen Wald stapfen, in dem nichts zu ernten ist.
Gestapelte Baumstämme kein gutes Zeichen für Pilze
Gibt es tatsächlich Waldstücke, in denen keine Pilze wachsen? „Ja“, sagt Peter Karasch, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM). „Dort, wo Spuren von schwerem Forstgerät zu sehen sind oder viele gestapelte Baumstämme am Wegesrand.“ Bei forstwirtschaftlichen Aktivitäten sei es erstmal eine Weile vorbei mit den gewohnten Pilzen.
Es gibt sogar Störungsanzeiger, die für wenig Pilzglück sprechen. „Befindet sich gleich neben dem Wald ein Maisacker, ist das wegen höherer Nährstoffeinträge ungünstig für die meisten Pilzarten.“ Auch wer meterhohe Brombeersträucher, Springkraut oder Brennnesseln sieht, könne meist gleich wieder kehrtmachen. Stattdessen sollte man nach Moosen, Flechen und den richtigen Baumarten Ausschau halten. „Nadelwälder mit Fichten und Kiefern sind das richtige Terrain für Sammler, die auf die beliebtesten Pilzarten Pfifferlinge, Steinpilze und Maronen scharf sind“, weiß Karasch.
Wo einer, bald noch einer: Gut für Wiederholungsgang
Und was ist mit der Volksweisheit: Wo ein Fliegenpilz im Wald, ist ein Steinpilz nicht weit? „Auch da ist was dran. Beide haben ähnliche Standortansprüche“, sagt Karasch. Allerdings müsse das nicht zeitgleich sein. Das trifft auch für folgende Regel zu: Wo steht einer, kommt noch einer. „Deshalb sollte man zu erfolgreichen Fundorten nach drei bis fünf Tagen noch mal einen Wiederholungsgang machen“, rät der Pilzkenner.
Manchmal ist die Freude nur kurz, wenn der Fund schon ein betagter Pilzopa ist. „Dann besser stehen lassen! So sorgt er durch seine Sporen für Vermehrung der Pilze in der nächsten Saison“, sagt Peter Karasch. Hilfreich sei dabei der Drucktest am Hut. „Ist der noch elastisch und zieht sich in seine Form zurück, ist der Pilz auch noch frisch.“
Richtige Pilzsammler achten aufs Wetter und wissen: „Damit Pilze sprießen, muss der Boden eine Grundfeuchte haben. Aber man muss nicht gleich losschießen, während es noch regnet“, klärt Karasch auf. „Der ideale Zeitpunkt ist 10 bis 14 Tage nach dem Regen, denn Pilze wachsen in Wellen.“
Pilzrisotto oder lieber nur in Butter? Wie Pilze am besten schmecken
Wenn Karasch mit einem vollen Körbchen zurückkehrt, liebt er neben Pilzrisotto und Parasolschnitzel eine Mischpilzpfanne mit Zwiebeln und Biospeck. „Umso mehr Pilzarten, desto intensiver das Aroma“, sagt er.
Ohne Speck dagegen mag es Peter Niemann: „Steinpilze, Maronen, aber auch Pfifferlinge sollten grundsätzlich nur in schäumender Butter mit gold-gelb gebratenen Schalottenwürfeln gebraten werden“, findet der Hotel- und Küchenchef vom Gourmetrestaurant „La Vallée Verte - Das grüne Tal“ in Herleshausen.