• Job und Politik

    Job und Politik

    Wann darf sich mein Arbeit­geber ein­mischen?

Es beginnt harm­los – ein bei­läu­fi­ger Kom­men­tar über die be­vor­ste­hen­de Wahl. Doch was pas­siert, wenn das locke­re Poli­tik-Ge­spräch am Ar­beits­platz in hit­zi­ge De­bat­ten mit ex­tre­men Po­si­tio­nen um­schlägt?

9. September 2024

Ob US-, Europa- oder Kom­mu­nal­wah­len: Über Poli­tik kann der­zeit treff­lich ge­strit­ten wer­den. Aber was gilt eigent­lich am Ar­beits­platz? Darf sich die poli­ti­sche Ein­stel­lung eines Mit­ar­bei­ters auf ein Ar­beits­ver­hält­nis aus­wir­ken? Und in wel­chen Si­tua­tio­nen wird es kri­tisch?
Dabei muss man ver­schie­de­ne Si­tua­tio­nen unter­schei­den. Wäh­rend der Ar­beits­zeit kann der Ar­beit­geber zum Bei­spiel vor­ge­ben, wie sich die Be­schäf­tig­ten zu ver­hal­ten haben. Das kann etwa be­in­hal­ten, ge­gen­über Kun­den kei­ne po­li­ti­schen Äuße­run­gen zu tä­ti­gen. Auch Vor­ga­ben zum Er­schei­nungs­bild sind mög­lich, wie Prof. Michael Fuhlrott, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, er­klärt. So kann es ver­bo­ten wer­den, einen be­stimm­ten po­li­ti­schen „Sticker“ zu tra­gen, wenn Drit­te die­sen wahr­neh­men können.

Meinungs­frei­heit gilt auch bei der Arbeit

Während der Pau­sen dürf­en Ar­beit­neh­mer dem Fach­a­nwalt zu­fol­ge über den Aus­gang der Europa­wahl eben­so dis­ku­tie­ren wie über Fuß­ball­er­geb­nis­se oder die Wah­len in den USA. Das gel­te auch für das Mit­tag­essen in der Werks­kan­tine, sagt Fuhlrott, der Mit­glied im Ver­band deut­scher Ar­beits­rechts­an­wäl­te (VDAA) ist.
Eine Äuße­rung wie „ich wähle die AfD, weil ich sie gut finde“ ist aus ar­beits­recht­licher Sicht nicht ver­bo­ten. „Die Mei­nungs­frei­heit macht vor dem Ar­beits­recht kei­nen Halt“, sagt Peter Meyer, Fach­an­walt für Ar­beits­recht in Berlin. Aller­dings dürfe der Be­triebs­frie­den nicht ge­stört wer­den. Bringt also der AfD-Sym­pa­thi­sant das Par­tei­pro­gramm mit und drängt es den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen so sehr auf, dass diese sich ge­stört fühlen, kann der Ar­beit­ge­ber ein­grei­fen.
Für Beamte gel­ten teil­wei­se stren­ge­re Re­ge­lun­gen. Auch An­ge­stell­te im öffent­lichen Dienst sind der Ver­fas­sung ver­pflich­tet, müs­sen für die frei­heit­lich demo­kra­ti­sche Grund­ord­nung ein­tre­ten und dür­fen also den Staat nicht aktiv bekämpfen.

Das Arbeits­recht ist kein Straf­recht

Möchte ein Ar­beit­ge­ber ein­grei­fen – etwa, weil ein Mit­ar­bei­ter den Be­triebs­frie­den stört – sind Ab­mah­nun­gen oder im Wie­der­ho­lungs­fall die Kün­di­gung denk­bar. „Das ist aller­dings immer vom Ein­zel­fall ab­hän­gig“, so Meyer.
Wichtig: „Das Ar­beits­recht ist kein Straf­recht“, sagt Meyer. Es gehe also bei allen mög­lichen Sank­tio­nen wie Kün­di­gung oder Ab­mah­nung nicht darum, einen Feh­ler aus der Ver­gan­gen­heit zu be­stra­fen. Viel­mehr seien alle Sank­tio­nen zu­kunfts­be­zo­gen.
Als Arbeit­geber muss man sich daher fra­gen: Kann ich es mir er­lau­ben, mit einem Mit­ar­bei­ter, der die­sen Feh­ler ge­macht hat, auch in Zu­kunft zu­sam­men­zu­ar­bei­ten? Oder ist das Ver­trauens­ver­hält­nis durch das Fehl­ver­hal­ten irre­pa­ra­bel zer­stört?

Politische Ein­stel­lung ist Pri­vat­sache

Und wie sieht es aus, wenn sich Ar­beit­ge­ber pro­aktiv ein Bild zur poli­ti­schen Stim­mung im Be­trieb machen wol­len? Ar­beit­ge­ber dür­fen sich grund­sätz­lich nicht für die Par­tei­zu­ge­hö­rig­keit oder gar die poli­ti­sche Ein­stel­lung der An­ge­stell­ten inte­res­sie­ren. „Wer­den sie doch ge­fragt, dür­fen Mit­ar­bei­ten­de die Un­wahr­heit sagen“, so Meyer.
Eine Ausnahme: Eine Par­tei möch­te einen Mit­ar­bei­ter als Re­fe­ren­ten ein­stel­len. Dann darf Fuhlrott zu­fol­ge ge­fragt wer­den, ob die­ser die Par­tei­ziele teilt. Die Partei darf dann auch die Mit­glied­schaft zur Voraus­set­zung für die Ein­stel­lung machen.

Was in der Frei­zeit pas­siert, bleibt in der Frei­zeit

Und wie sieht es in der Frei­zeit aus? Ein Bei­spiel: Nach­dem eine Gruppe jun­ger Men­schen ras­sis­ti­sche Pa­ro­len in einer Bar auf Sylt geg­rölt hatte und ein Video davon öffent­lich wurde, sol­len ei­ni­ge Per­so­nen, die im Video iden­ti­fi­zier­bar waren, von ihren Ar­beit­ge­bern eine Kün­di­gung er­hal­ten haben. „Das geht in den meis­ten Fäl­len nicht, Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“, fasst Fuhlrott zu­sam­men. Will sagen: Über das Ar­beits­recht lässt sich ein sol­cher Fall nur dann re­geln, wenn man einen Be­zug zum Ar­beit­ge­ber her­stel­len kann. Dis­ku­tiert wird aller­dings laut Meyer, ob die­je­ni­gen nicht hät­ten wis­sen müs­sen, dass sie ge­filmt wer­den und das Video sich im Netz wie­der­fin­den könn­te, sie und ihre Ar­beit­geber also iden­ti­fi­zier­bar sind.
In ihrer Frei­zeit könn­ten An­ge­stell­te also zum Bei­spiel an De­mons­tra­tio­nen teil­neh­men, bei denen rechts­wi­dri­ge In­hal­te ge­teilt wer­den, das ist ar­beits­recht­lich ohne Re­le­vanz. Eben­so könn­ten sie sich für die Klima-Ini­tia­tive Letz­te Gene­ra­tion en­ga­gie­ren und in die­sem Zu­sam­men­hang straf­recht­lich re­le­van­te Taten be­ge­hen. Auch das hätte keine Kon­se­quen­zen am Ar­beits­platz.

Ist das Ver­hal­ten ge­schäfts­schä­di­gend?

Es gibt Aus­nah­men, wenn sich ein Be­zug zum Ar­beit­ge­ber her­stel­len lässt. Denk­bar ist das etwa, wenn eine Per­son in Ar­beits­klei­dung auf­taucht – zum Bei­spiel im gut er­kenn­ba­ren Overall der Stadt­rei­ni­gung – oder der­je­ni­ge ein Foto von sich auf der Demo pos­tet und den Ar­beit­geber taggt, die Ar­beits­stel­le er­wähnt oder auf B­erufs­platt­for­men wie LinkedIn oder Xing di­rekt mit sei­ner Ar­beits­stel­le in Ver­bin­dung zu brin­gen ist.
Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Autorin

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz ist Mit­­a­r­bei­­te­­rin der Öffent­lichen Olden­burg. Sie ist ver­ant­wort­lich für den Be­reich Pres­se und Kommu­ni­ka­tion.

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