• Wie umgehen mit Verschwörungserzählungen am Arbeitsplatz?

    Wie umgehen mit Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen am Arbeitsplatz?

Wer in Ge­sprä­chen mit Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen kon­fron­tiert wird, bleibt oft rat­los zurück: Wie nur rea­gie­ren? Am Ar­beits­platz kann dann Fin­ger­spit­zen­ge­fühl ge­fragt sein – und klare Grenzen.

26. Mai 2023

Der Kollege er­zählt, dass Impf­stof­fe Mikro­chips ent­hal­ten, die Kol­le­gin sieht einen welt­um­span­nen­den Ge­heim­bund am Werk? So­ge­nann­te Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen sind auch hier­zu­lan­de ver­brei­tet. Das wurde be­son­ders in den ver­gan­ge­nen Jah­ren rund um die Corona-Pan­de­mie deut­lich. Oft wer­den die Theo­rien über das Inter­net ver­brei­tet. Hän­gen Kol­le­gin­nen oder Kol­le­gen die­sen an und wol­len sie wo­mög­lich wei­ter­tra­gen, kann das auch das so­zia­le Mit­ein­an­der am Ar­beits­platz be­las­ten.
„Wir erleben sehr häu­fig, dass ein star­ker Ver­schwö­rungs­glau­be auch mit einem Pre­di­ger­ver­hal­ten ein­her­geht. Dass man ver­sucht, die an­de­ren zu be­keh­ren“, sagt die So­zial­psy­cho­lo­gin Pia Lamberty vom ge­mein­nüt­zi­gen Center für Moni­to­ring, Ana­ly­se und Stra­te­gie (CeMAS). Sie forscht zu Ver­schwö­rungs­theo­rien und hat ge­mein­sam mit der Po­li­tik­wis­sen­schaft­le­rin Katharina Nocun das Buch „True Facts. Was gegen Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen wirk­lich hilft“ ge­schrieben.

Gespräch suchen, Gren­zen setzen

Auf solche Be­leh­rungs- und Be­keh­rungs­ver­suche zu rea­gie­ren, ist oft nicht ein­fach. Natür­lich kann man pro­bie­ren, die Aus­sa­gen des Kol­le­gen oder der Kol­le­gin fak­tisch zu ent­kräf­ten. In der Regel hel­fen Fak­ten und Dis­kus­sio­nen aber nicht wei­ter, wenn man es mit einem ge­schlos­se­nen Welt­bild zu tun habe, sagt Lamberty. „Dann führt das nur zu Streit, man ar­bei­tet sich daran ab und kommt nicht weiter.“
Das Gespräch zu suchen, kann den­noch sinn­voll sein – etwa „um viel­leicht Mo­ti­va­tio­nen bes­ser zu ver­ste­hen und der Per­son auch eine Chan­ce zu geben, darauf zu rea­gie­ren“, so Lamberty. Doch das mache man am bes­ten ohne das feste Ziel, den Kol­le­gen oder die Kol­le­gin direkt über­zeu­gen zu kön­nen. Wich­ti­ger sei viel­mehr ein Ab­klop­fen: „Wo steht die Per­son ei­gent­lich? Wie ist sie dahin ge­kom­men? Und wie tief steckt sie im Thema?“

Beratungsstellen können helfen

Sinnvoll kann es dann auch sein, eine Be­ra­tungs­stel­le auf­zu­suchen und den kon­kre­ten Fall zu schil­dern. „Das kön­nen zum einen die Sek­ten­be­ra­tungs­stel­len sein, das kön­nen spe­zi­fi­sche Be­ra­tungs­stel­len gegen Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen sein oder die Mobile Bera­tung gegen Rechts­ex­tre­mis­mus“, so Lamberty.
Denn klar ist: Ein­fache Lö­sun­gen, die für jede Si­tua­tion gelten, gibt es nicht. Ist man mit der be­tref­fen­den Kol­le­gin oder dem Kol­le­gen be­freun­det, hat viel­leicht eine humor­volle Ebene mit­ein­an­der, könne man an­ders auf Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen rea­gie­ren, als bei einem Kol­le­gen mit dem man rein be­ruf­lich zu tun hat, so Lamberty. Dann könne man auch sagen: „Hier ist eine Grenze für mich er­reicht, ich möchte das nicht hören.“

Gemeinsam Regeln ver­ein­baren

Hannes Zacher, Pro­fes­sor für Ar­beits- und Or­ga­ni­sa­tions­psy­cho­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Leipzig, rät in jedem Fall, sich nicht pro­vo­zie­ren zu las­sen oder gar wütend zu rea­gie­ren. „Besser wäre es zu fra­gen: Was für Ziele ver­folgt die Per­son damit oder was steckt dahinter?“ Bringe je­mand immer wie­der Ver­schwö­rungs­my­then bei der Arbeit an, könne auch der Wunsch nach Auf­merk­sam­keit da­hin­ter stecken. „Und dann ist es gut zu sig­na­li­sie­ren: Ich nehme dich wahr, auch wenn du das nicht machst.“
Kommt man mit Ar­gu­men­ten nicht wei­ter, em­pfiehlt Ar­beits­psy­cho­loge Zacher, ge­mein­sam Re­geln auf­zu­stel­len. Etwa, „dass über be­stimm­te Dinge wie Po­li­tik oder welt­an­schau­liche Sachen nicht bei der Ar­beit ge­spro­chen wird, um die Be­zie­hung auf­recht zu erhalten“.

Eigene Wünsche for­mu­lieren

Dabei sei es sinn­voll, aus einer „Ich-Pers­pek­tive“ zu spre­chen und „mög­lichst die ei­ge­nen Be­dürf­nis­se und einen ei­ge­nen Wunsch aus­drücken, was das Thema an­geht“, so Zacher. Sagen könne man etwa: „Ich fände es gut, wenn wir die­ses The­ma bei der Arbeit aus­spa­ren könn­ten, weil es mir wich­tig ist, mit dir gut zu­sam­men­zu­ar­beiten.
Zeit, den Vor­ge­setz­ten oder die Vor­ge­setz­te hin­zu­zu­zie­hen, sei es aber in jedem Fall, „wenn die Per­son men­schen­feind­liche In­halte äußert oder wenn sie viel­leicht durch ihr Ver­hal­ten an­de­re in Gefahr bringt“, sagt Lamberty. Denn: Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gien wir­ken zwar oft selt­sam. Nicht sel­ten stecken hinter ihnen aber Anti­se­mi­tis­mus und Grup­pen­be­zo­ge­ne Men­schen­feind­lich­keit, so die Bun­des­zen­tra­le für Po­li­ti­sche Bil­dung (bpb), die mit ihrem Flyer “Was tun gegen Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gien? Eine Hilfe­stel­lung für den Alltag, im Privat- oder Be­rufs­leben, Unter­neh­men oder Verein“ Tipps an die Hand gibt.

Vorgesetzte informieren

Auch wenn der Ver­schwö­rungs­glau­be des Kol­le­gen oder der Kol­le­gin droht, dem Unter­neh­men zu scha­den, soll­te man sich an den Vor­ge­setz­ten wen­den. Zacher rät, dafür zu do­ku­men­tie­ren, „wie sich das Ver­hal­ten der Per­son zum Bei­spiel auf Kun­den aus­ge­wirkt hat oder auf ein Pro­jekt“. Zwar gilt: „Die Mei­nungs­frei­heit macht kein Ende an der Büro­tür oder an der Fir­men­tür“, so der Fach­an­walt für Ar­beits­recht Peter Meyer. „Man darf also auch am Ar­beits­platz sei­ne Mei­nung äußern.“ Und wer bei­spiels­weise am Fließ­band Kol­le­gin­nen oder Kol­le­gen Ver­schwö­rungs­theo­rien er­zählt, kann daran zu­nächst ar­beits­recht­lich nicht ge­hin­dert wer­den. Doch im Ein­zel­fall gibt es Grenzen.
Beschweren sich die Kol­le­gin­nen oder Kol­le­gen beim Ar­beit­geber, weil sie sich be­läs­tigt füh­len, kann dies ar­beits­recht­lich im Ein­zel­fall eine Stö­rung des Be­triebs­frie­dens sein, auf die der Ar­beit­ge­ber mit einer Ab­mah­nung rea­gie­ren kann, so Meyer. Wer­den trotz Ab­mah­nung sol­che Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen wie­der­holt oder gar mit ras­sis­ti­schen Be­lei­di­gun­gen oder mit Be­schimp­fun­gen der Kol­le­gen oder Kol­le­gin­nen am Ar­beits­platz ver­bun­den, kann in Ex­trem­fäl­len sogar die ver­hal­tens­be­ding­te Kün­di­gung drohen.
Foto: Monique Wüstenhagen/dpa-tmn

Autorin

Pia Marie Wenholz

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Pia Marie Wenholz ist Mit­­a­r­bei­­te­­rin der Öffent­lichen Olden­burg. Sie ist ver­ant­wort­lich für den Be­reich Pres­se und Kommu­ni­ka­tion.

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