• 6 Börsenweisheiten auf dem Prüfstand

    6 Börsenweisheiten auf dem Prüfstand

Börsenweis­heiten sind wie Bauern­regeln. Manche von ihnen haben einen wahren Kern. Un­ge­prüft soll­ten man die­sen Em­pfeh­lun­gen aber nicht folgen.

17. Mail 2023

Manchmal hört sich das In­ves­tie­ren an der Börse so ein­fach an. „Nicht alle Eier in einen Korb“, „Be­sit­zer von Zins­pa­pie­ren schla­fen gut“ oder „kau­fen Sie Aktien, neh­men Sie Schlaf­ta­blet­ten“. Solche Bör­sen­weis­hei­ten gibt es viele. Für Jessica Schwarzer, Finanz-Jour­na­lis­tin und Buch­au­to­rin, sind sie immer wie­der ein Quell der Freude, wie sie sagt.
„Das sind oft mar­ki­ge Sprüche von be­kann­ten In­ves­to­ren, die die Börse auf blu­mi­ge Art be­schrei­ben.“ Viele der Weis­hei­ten stam­men zum Bei­spiel von den bei­den Börsen­gurus André Kostolany oder Warren Buffett.

Börsenweisheiten er­set­zen keine An­la­ge­stra­tegie

Wie Bauern­re­geln fassen sie Muster zu­sam­men, die In­ves­to­ren an den Fi­nanz­märk­ten beo­bach­tet haben – oder beo­bach­tet haben wollen. Manche sind witzig, etwa: „Der größte Feind des An­le­gers schaut ihm jeden Mor­gen im Spie­gel ent­ge­gen.“ Doch sie er­set­zen keine An­la­ge­stra­te­gie, warnt Max Schmutzer, An­la­ge­ex­per­te der Stif­tung Warentest.
„Oft behandeln diese Weis­hei­ten nur Teil­as­pek­te des Bör­sen­ge­sche­hens. Manche wider­spre­chen sich sogar, weil sie sich an ver­schie­de­ne An­le­ger­typen rich­ten.“ Andere stim­men auch einfach nicht.
Viele haben aller­dings einen wah­ren Kern. Wer sich mit sol­chen Sprü­chen be­schäf­tigt, er­hält zwar keine klare Hand­lungs­an­wei­sung für In­ves­ti­tio­nen, aber Denk­an­stö­ße. Wir stel­len einige von ihnen vor.

„Greife nie in ein fallendes Messer“

Wer das doch tut, schnei­det sich in die Finger. Des­halb soll­te man war­ten, bis das Mes­ser am Boden liegt, um es dann ge­fahr­los auf­he­ben zu kön­nen. Auf die Börse über­tra­gen be­deu­tet die­se Weis­heit, dass An­le­ger sich ver­spe­ku­lie­ren kön­nen, wenn sie nach einem Kurs­sturz Aktien kau­fen, in der Hoff­nung, ein Schnäpp­chen zu machen. Fallen die Kurse wei­ter, gibt es Ver­lus­te. Man sollte also den Boden abwarten.
„Das Problem an die­ser Bör­sen­weis­heit ist, dass An­le­ger kaum ein­schät­zen kön­nen, wann die Kurse wirk­lich unten an­ge­kom­men sind“, sagt Schwarzer. An­le­ger soll­ten des­halb nicht spe­ku­lie­ren. Besser sei es, das Unter­neh­men und die Grün­de des Kurs­stur­zes zu ana­ly­sieren.

„Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaf­ta­blet­ten und schauen Sie die Pa­pie­re nicht mehr an. Nach vie­len Jahren wer­den Sie sehen: Sie sind reich“

André Kostolany hat die­se Weis­heit ge­prägt. Sie wirbt für lang­fris­ti­ge In­vest­ments. „Aller­dings wird das häufig falsch über­setzt“, sagt Schwarzer. „Es geht dabei nicht um stu­res Buy and Hold. Statt­des­sen ist die­se Regel ein Plä­do­yer für lang­fris­ti­ges In­ves­tie­ren, ver­bun­den mit der Mah­nung, nicht über­eilt zu han­deln.“ Man soll­te die Po­si­tio­nen ab und an über­prü­fen, sagt sie. Be­son­ders bei Ein­zel­ak­tien oder mit ver­schie­de­nen Bei­mischun­gen sei es wich­tig, regel­mä­ßig die Ent­wick­lung des Port­fo­lios zu checken.
Gestützt wird die Em­pfeh­lung Kostolanys durch ver­schie­de­ne Stu­dien. So hat zum Bei­spiel das Ana­lyse­haus Morningstar in einer Untersuchung be­rech­net, dass or­dent­liche Ren­di­ten nur in sehr klei­nen Zeit­fens­tern er­wirt­schaf­tet wer­den. Es ist also ent­schei­dend, genau in die­sen Augen­blicken an der Bör­se in­ves­tiert zu sein. Welche Zeit­räume das sein wer­den, kann nie­mand vor­her­sagen. Wer sein Geld lang­fris­tig an­legt, macht solche Auf­schwün­ge aber mit.

„ Sell in May and go away “

Das ist nur ein Teil des Zitats. Die zwei­te Hälf­te lau­tet: „But re­mem­ber to come back in Sep­tem­ber“. Über­setzt ruft die­ses Sprich­wort also dazu auf, sich im Mai von Ak­tien zu tren­nen, um im Sep­tem­ber wie­der ein­zu­stei­gen. „Das kommt noch aus einer ana­lo­gen Zeit, wo die Bör­sen­händ­ler in einen aus­ge­dehn­ten Som­mer­ur­laub ge­fah­ren sind“, sagt Schmutzer. In die­ser Zeit war die Nach­fra­ge an den Fi­nanz­märk­ten gering, wes­halb die Kurse fie­len, bis An­fang Sep­tem­ber die Ur­laubs­sai­son rum war. „Heute stimmt das durch den elek­tro­ni­schen Han­del nicht mehr. Wer die Regel immer be­folgt, kauft die Pa­pie­re im Schnitt teurer zurück.“

„Hin und Her macht Taschen leer“

Auch diese Weis­heit habe an Rele­vanz ver­lo­ren, sagt Max Schmutzer. Sie warnt davor, häu­fig zu tra­den. Noch vor we­ni­gen Jah­ren haben hohe Order­kosten stark auf dem Er­folg ge­las­tet. Seit es An­bie­ter gibt, die keine oder nur ge­rin­ge Ge­büh­ren für den Kauf oder Ver­kauf von Wert­pa­pie­ren ver­lan­gen, fällt dieser Kos­ten­fak­tor oft weg. Trotz­dem soll­te man die Regel be­her­zi­gen. „Sie warnt näm­lich auch davor, jedem Hype hin­ter­her­zu­hecheln“, so Schmutzer. „Viele An­le­ger über­schät­zen sich, wenn sie den­ken, dass sie klü­ger sind als der Markt.“

„ The trend is your friend“

Der Trend ist dein Freund – die­sen Spruch fin­det Jessica Schwarzer schwie­rig. Es geht hier um Chart­tech­nik, wo An­le­ger Kurs­ver­läu­fe ana­ly­sie­ren und daraus Trends ab­lei­ten, um die künf­ti­ge Kurs­ent­wick­lung vor­her­zu­sa­gen. „Im Rück­blick sind Trends immer einfach zu sehen. Darauf ver­las­sen sollte man sich aber nicht.“
Auch André Kostolany hielt wenig davon. Er präg­te fol­gen­den Spruch: „Als ich den Chart um­dreh­te und zum sel­ben Resul­tat kam, merk­te ich, dass tech­ni­sche Ana­ly­se nicht funk­tio­niert.“ Schwarzer em­pfiehlt, statt auf Chart­tech­nik auf eine lang­fris­ti­ge Stra­te­gie zu set­zen. „An­le­ger soll­ten sich selbst Re­geln für unter­schied­liche Markt­pha­sen über­le­gen und sich dann auch daran halten.“

„ Sell on good news, buy on bad news“

Wer das Börsen­ge­sche­hen ver­folgt, wird häu­fi­ger ein Ver­hal­ten von An­le­gern beo­bach­ten, das auf den ers­ten Blick un­lo­gisch er­scheint. Ver­kün­det ein Unter­neh­men gute Zahlen, sinkt der Ak­tien­kurs. „Das liegt daran, dass an der Börse die Zu­kunft ge­han­delt wird“, er­klärt Schwarzer. „Hinter guten Quar­tals­zah­len ver­steckt sich manch­mal die Nach­richt, dass es mit dem Wachs­tum bald vorbei ist.“ Anders­rum kann hinter schlech­ten Nach­rich­ten wie einem Spar­kurs die Hoff­nung stecken, dass es bald bergauf geht.
Dementsprechend hat diese Bör­sen­weis­heit einen wah­ren Kern. „An­le­ger müs­sen aller­dings in die Tiefe gehen und schauen, was genau hinter der An­kün­di­gung steckt“, mahnt Schwarzer. Einfach bei schlech­ten Nach­rich­ten Aktien zu kau­fen, kann sich als Fehl­ent­schei­dung erweisen.
Foto: Frank Rumpenhorst/dpa/dpa-tmn

Autorin

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz ist Mit­­a­r­bei­­te­­rin der Öffent­lichen Olden­burg. Sie ist ver­ant­wort­lich für den Be­reich Pres­se und Kommu­ni­ka­tion.

Mail an "Wir sind Nähe"

Autorin

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz ist Mit­­a­r­bei­­te­­rin der Öffent­lichen Olden­burg. Sie ist ver­ant­wort­lich für den Be­reich Pres­se und Kommu­ni­ka­tion.

Mail an "Wir sind Nähe"

Das könnte Sie auch interes­sieren

Konzept­Rente Privat

Für alle, die ein Vor­sorge­­konzept mit Wahl­­mög­lich­keit wün­schen - unsere Konzept­­Rente Privat.

Jetzt mehr erfahren

Konzept­Rente Fir­men

Für alle, die lie­ber heute schon für später vor­arbeiten möch­ten - unsere Kon­zept­Rente Firmen.

Jetzt mehr erfahren

Rentenrechner

Mit unserem Ren­ten­rech­ner fin­den Sie heraus, wie groß Ihre Ren­ten­lücke wirk­lich ist.

Zum Rechner

Wir für Sie

Sie interessieren sich für Themen rundum die Öffentliche? Dann sind Sie hier genau richtig!

Zum Bereich "Wir für Sie"