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Leichtsinniges Grillen
Wenn das Shirt mit der Haut verschmilzt
Grillen ist für viele Menschen eine große Leidenschaft, aber auch nicht ganz ungefährlich. Das zeigen jährlich tausende Grillunfälle. Etwa durch Spiritus oder nicht ganz ausgekühlte Kohlereste.
06. Mai 2021
Grillen – das kann ich. Sagen sich viele, sie stehen ja auch schon seit Jahren am Grill. Trotzdem gibt es jedes Jahr nach Schätzung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) etwa 5.000 Grillunfälle.
Die möglichen Folgen von starken Verbrennungen sind schwerwiegend und bleibende Beeinträchtigungen möglich. Besonders die Kleinsten sind oft die Leidtragenden – neugierige Kinder, die sich der Flamme nähern.
Bei ihnen seien nach Grillunfällen mit Spiritus oft mehr als 50 Prozent der Körperoberfläche verbrannt, berichtet Adelheid Gottwald, stellvertretende Vorsitzende von der Initiative „Paulinchen“ für brandverletzte Kinder. Was läuft da schief?
Heftige Verbrennungen durch Grillanzünder
Will der Grill einfach nicht heiß werden, wird schnell zum flüssigen Grillanzünder gegriffen. „Die häufigsten Verletzungen, die wir nach Grillunfällen erleben, entstehen durch unsachgemäßes Starten des Grills“, sagt dazu Prof. Henrik Menke, DGPRÄC-Vizepräsident und Leiter des Referats Verbrennung.
Beschleuniger wie Spiritus, Alkohol oder gar Benzin erhöhen die Hitze im Grill extrem und können so unkontrollierbar werden. Sogar explosionsartige Verpuffungen sind möglich, so der Mediziner. Besonders das Gesicht und unbedeckte Hautstellen am Körper können hier schnell großen Schaden nehmen. Die Alternative? Prof. Menke rät, zertifizierte Grillanzünder zu nutzen. Zum Beispiel tragen diese das „DIN-Geprüft“-Zeichen.
Plastik verklebt mit der Haut
Ein Sicherheitstipp lautet: Flatternde Kleidung, vor allem aber Kunstfasern sollten nicht am Grill getragen werden. Denn synthetische Bekleidung schmilzt durch die Hitze des Grills, erklärt der Chirurg Prof. Menke.
Durch den engen Kontakt, den das Material mit der Haut hat, wird die extreme Wärme in tiefe Hautschichten transportiert und richtet dort großen Schaden an. „Man darf das Material dann nicht einfach abreißen, wenn es mit der Haut verklebt ist, sondern muss es vorsichtig ablösen, damit man nicht auch Hautanteile abreißt“, so Menke.
Kinder tapsen auf vermeintlich ausgekühlte Kohle
Eltern kennen das und trotzdem passiert es immer wieder. Die neugierigen Kinder gehen an den Grill, wenn dieser leergeräumt ist. „Alle freuen sich, essen zusammen und trinken. Keiner achtet mehr darauf, was mit der glühend heißen Kohle passiert. Besonders hier muss man auch auf die Kinder schauen“, sagt Prof Menke.
Doch der Grill alleine ist da nicht das Problem: Glut, etwa wenn sie im Sand, am Flussufer oder im Park vergraben oder einfach nur in einer Gartenecke entsorgt wird, kann noch tagelang heiß bleiben. „Wir haben wirklich schwere Verletzungen an Füßen oder auch an Händen bei Kindern, die dann einen Tag oder zwei Tage später barfuß da reintreten“, berichtet Adelheid Gottwald.
Verletzungen müssen oft jahrelang behandelt werden
Ein unachtsamer Moment und Unbedachtheit beim Grillen kann also für Erwachsene wie Kinder lebenslange Konsequenzen haben. Bei schweren Verbrennungen folgen oft monatelange stationäre Behandlungen und fortlaufende Reha-Maßnahmen.
„Häufig entstehen dauerhafte Vernarbungen, die den Patienten sein Leben lang begleiten“, ergänzt der Mediziner Menke. Gerade im Gesicht, an Hals und Händen seien diese oft ja auch auf den ersten Blick zu erkennen und damit schwer belastend für den Betroffenen. Zudem könne die Bewegung bei strukturgeschädigtem Gewebe eingeschränkt bleiben.
Foto: Monique Wüstenhagen/dpa-tmn