-
Hilfe oder Hürde?
Was smarte Helfer für ältere Menschen taugen
Was tun, wenn im Alter das Gedächtnis nachlässt, die Sicht schlechter, der Gang unsicherer wird? Moderne Apps und smarte Gadgets sollen Abhilfe schaffen. Doch lassen sie sich auch gut bedienen?
23. November 2020
Apps erinnern an die Einnahme der Medikamente, Bedienungshilfen machen Schriften auf dem Handy leichter lesbar. Sensoren in der Wohnung „lernen“ die Verhaltensweisen des Bewohners und melden ungewöhnliche Ereignisse an Pflegedienst oder Angehörige.
Altersgerechte Assistenzsysteme oder auch Smart-Home-Anwendungen wollen älteren Menschen und ihrem Umfeld den Alltag erleichtern. Doch leisten sie das wirklich? Und welche Angebote gibt es?
Videotelefonate mit Untertitel
Auf dem Gesundheitsmarkt den Überblick zu behalten, fällt schwer. Smartphone und Tablet können einen einfachen Einstieg bieten. Falls man nicht mehr gut hört, hilft beispielsweise eine Transkriptions-App: Sie wandelt das gesprochene Wort in Schrift um, wie Michael Hubert von der Agentur Barrierefrei NRW erklärt. Wer wiederum Videotelefonate über das Programm Skype führt, kann sich Untertitel anzeigen lassen.
Christoph Zimmermann empfiehlt bei Gehörverlust ein Blinklicht, das signalisiert, ob es an der Tür schellt oder das Telefon klingelt. Die Kosten hierfür lägen bei unter 200 Euro, so der Leiter des Living Lab smartHome/AAL am FZI Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe.
Bedienungshilfen an Bord nutzen
Man muss sich nicht immer spezielle Anwendungen auf das Smartphone oder Tablet laden. Auch systemeigene Bedienungshilfen könnten etwa durch vergrößerte Ansichten oder Sprachbefehle den Alltag erleichtern, so Hubert. Sogenannte Launcher Apps reduzierten indes den Funktionsumfang, vergrößerten die Ansicht für bessere Lesbarkeit und vereinfachten dadurch die Bedienung.
Hubert rät dazu, sich bei der Einrichtung Hilfe zu holen, beispielsweise bei Smartphone-affinen Enkeln oder etwa in einem Handy-Kurs, den manche Volkshochschulen im Programm haben. Mehrgenerationenhäuser oder das Projekt „Digitaler Engel“ bieten auch Hilfe zum Umgang mit digitalen Diensten und Geräten an.
Wenn der Tablettenspender Signale gibt
Auch im Gesundheitsbereich sehen Experten Potenzial bei digitalen Anwendungen für Ältere. Die kostenlose Anwendung „My Therapy“ beispielsweise erinnert an die rechtzeitige Einnahme oder den Einkauf von Arzneimitteln. Automatische Tablettenspender können ebenfalls dazu beitragen, die Pillen nicht zu vergessen, ergänzt Prof. Andreas Hein, Direktor des Departments für Versorgungsforschung an der Universität Oldenburg. Diese Geräte stellen nur die jeweilige Tagesdosis an Medikamenten zur vorgeschriebenen Zeit bereit.
Als wesentlichen Baustein der Versorgung älterer Menschen in ihrer eigenen Wohnung bezeichnet Hein Hausnotrufsysteme. Sie ließen sich mit Zusatzgeräten wie Uhren mit Beschleunigungssensoren, Brand- oder Wassermeldern, Tür- und Bewegungssensoren kombinieren.
Auch Teppiche oder feste Bodenbeläge mit Sturzsensoren sind mit einem Alarmsystem koppelbar. „Das ist aber derzeit noch teuer“, erklärt Hein. Je nach Pflegegrad gibt es hier aber womöglich Unterstützung durch die Pflegekasse.
Für Küche und Bad gibt es Systeme, die warnen, falls der Herd eingeschaltet bleibt oder das Wasser zu lange läuft. Hausautomatisierungssysteme können lernen, wie sich die Bewohner einer Wohnung normalerweise bewegen und Abweichungen melden.
Das Problem: Gerade bei Smart-Home-Anwendungen sieht Forscher Zimmermann Schwierigkeiten in der Installation. Häufig seien Systeme verschiedener Hersteller nicht miteinander kompatibel. Menschen ohne Technik-Affinität könnten vieles nicht intuitiv bedienen, bemängelt er.
Übersichten im Netz zu Produkten
Wer nach Produkten und Anwendungsfällen recherchieren möchte, kann die FZI-Website „Wegweiser für Alter und Technik“ besuchen. Hubert wiederum empfiehlt für einen Überblick die Datenbank Rehadat, ein Projekt des Instituts der deutschen Wirtschaft, sowie die Datenbank der Stiftung „barrierefrei kommunizieren!“ und den Produktkatalog der gemeinnützigen Einrichtung Demenz Support Stuttgart.
Foto: Christin Klose/dpa-mag