• IHK-Präsident Jan Müller

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    Interview mit dem neuen IHK-Prä­si­den­ten Jan Müller

Das Oldenburger Land hat eine ro­bus­te Un­ter­neh­mens­struk­tur und ist damit nicht so an­fäl­lig für Kri­sen und so ab­hän­gig von der Kon­junk­tur. Das meint der neue Prä­si­dent der Ol­den­bur­gi­schen In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer (IHK), Jan Müller. Von der nächs­ten Bun­des­re­gie­rung for­dert Müller im Inter­view mit dem Ma­ga­zin der Öffent­lichen Olden­burg „Wir sind Nähe“, dass sie die In­te­res­sen der Wirt­schaft be­rück­sichtigt.

1. Oktober 2021

Frage: Wie bewertet der IHK-Prä­si­dent das Er­geb­nis der Bun­des­tags­wahl?

Jan Müller: Es war eine span­nen­de Wahl, die nun wohl zu einer Dreier-Koa­li­tion füh­ren wird. Die gro­ße Fra­ge ist: Kommt es wirk­lich zu einem Aufbruch?

Frage: Was wün­schen sich Unter­neh­men denn von der nächs­ten Bun­des­re­gie­rung?

Müller: Zunächst natür­lich, dass die In­te­res­sen der Wirt­schaft po­li­tisch be­rück­sich­tigt wer­den. Vor allem der Mit­tel­stand braucht eine steuer­freund­liche Po­li­tik. Das heißt zum Bei­spiel: keine Ver­mö­gen­steuer und eine Erb­schaft­steuer, die für Be­trie­be trag­bar ist und nicht zu fi­nan­ziel­len Ab­flüs­sen führt.

Frage: . . . und bei den anderen gro­ßen Themen?

Müller: Ein großes The­ma ist natür­lich der Klima­schutz. Als Unter­neh­men wer­den wir uns der gro­ßen Auf­gabe stel­len. Aber auch hier darf Po­li­tik nicht gegen die Wirt­schaft agie­ren; die Maß­nah­men müs­sen um­setz­bar und ver­kraft­bar sein. Beim Wech­sel von fos­si­len zu re­ge­ne­ra­ti­ven Ener­gien wird in un­se­rer Re­gion Wil­helms­haven eine gro­ße Rolle spie­len. Der Stand­ort soll­te von der heu­ti­gen Dreh­schei­be Deutsch­lands für fos­si­le zur Dreh­schei­be für re­ge­ne­ra­ti­ve Ener­gie wer­den – Stich­wor­te dazu sind: Im­port von Was­ser­stoff und Pro­duk­tion von Was­ser­stoff durch Off­shore-Wind­an­la­gen. Dann muss der Aus­bau der di­gi­ta­len In­fra­struk­tur voran­ge­trie­ben wer­den. Auch bei der Ver­kehrs­in­fra­struk­tur ste­hen gerade für un­se­re Re­gion noch immer gro­ße Pro­jek­te an: die Auto­bahn A20, der Aus­bau der Europa­straße E233 bei Clop­pen­burg, der Aus­bau der Gleis­in­fra­struk­tur oder die Neu­pla­nung der An­pas­sun­gen von Außen- und Unter­weser sowie der Ems-Ausbau.

Corona-Krise ins­ge­samt gut ge­meis­tert

Jan Müller
Bild: IHK-Präsident Jan Müller. Foto: Klaus-Peter Jordan
Frage: Wie ist denn die ak­tuel­le wirt­schaft­liche Lage der Unter­neh­men im Olden­burger Land?

Müller: Grundsätz­lich ist das Olden­bur­ger Land wirt­schaft­lich gut auf­ge­stellt mit einem brei­ten Mit­tel­stand und einer ro­bus­ten Unter­neh­mens­struk­tur. Da­durch sind wir nicht so kon­junk­tur­an­fäl­lig. Ak­tuell hat die Corona-Pan­de­mie die Bran­chen unter­schied­lich be­trof­fen. Tou­ris­mus, Gas­tro­no­mie und viele Dienst­leis­ter etwa haben noch nicht das Vor­kri­sen­ni­veau er­reicht. Unser IHK-Kon­junk­tur­kli­ma­in­dex, das wirt­schaft­liche Stim­mungs­ba­ro­me­ter un­se­rer Region, hat im Som­mer aber schon wie­der Vor-Corona-Niveau er­reicht. Ich würde sagen: Ins­ge­samt haben die Unter­neh­men die Corona-Krise – auch mit Unter­stüt­zung der IHK-Be­ra­tung – gut ge­meis­tert.

Frage: Also alles wieder im grünen Bereich?

Müller: Leider nicht. Der­zeit lei­den vie­le Be­trie­be unter der Ver­knap­pung und stei­gen­den Prei­sen bei Roh­stof­fen. Auch die Lie­fer­ket­ten ver­schie­ben sich. Man muss mit län­ge­ren Be­stell­zei­ten bei Vor­pro­duk­ten rech­nen. Daher kom­men man­che Unter­neh­men jetzt auch wie­der auf eine grö­ße­re Lager­hal­tung zurück.

Frage: Rund 50 Prozent des In­dus­trie­um­sat­zes im Olden­bur­ger Land ent­fällt auf den Agrar- und Er­näh­rungs­be­reich. Vor­teil oder Nachteil?

Müller: Bisher war es sicher ein Vor­teil, weil die Bran­che nicht so kon­junk­tur­ab­hän­gig ist. Aber hier ste­hen Ver­än­de­run­gen an, und die Bran­che weiß, dass sie vor einem Trans­for­ma­tions­pro­zess steht – Stich­worte Tier­wohl oder Wirt­schafts­dün­ger, also Gülle und Gär­reste. Beim Thema Tier­wohl hof­fen die Unter­neh­men, dass die Dis­kus­sion zu­künf­tig we­ni­ger ideo­lo­gisch ge­führt wird, son­dern auf der Basis wis­sen­schaft­licher Fak­ten. Bei der Ver­wer­tung von Gülle und Gär­resten soll­te man mehr auf tech­ni­sche Inno­va­tio­nen und we­ni­ger auf Ver­bo­te setzen.

Gesundheits­wirt­schaft ist aus­bau­fähig

Frage: Wo sehen Sie Schwä­chen in der Wirt­schaft des Olden­bur­ger Landes?

Müller: Zunächst: Wir haben eine gute Infra­struk­tur mit Uni­ver­si­tä­ten, Hoch­schu­len und Ins­ti­tu­ten. Das ist von Vor­teil, da sich un­se­re Wirt­schaft wei­ter zu einer Wis­sens­öko­no­mie ent­wickelt. Aus­bau­fähig ist sicher der Trans­fer aus For­schung und Lehre in die Wirt­schaft. Das würde auch die Inno­va­tions­ge­schwin­dig­keit er­hö­hen und soll­te ge­för­dert wer­den. Man kann auch die Frage stel­len: Haben wir in der Re­gion aus­rei­chend star­ke IT-Unter­neh­men? Aus­ge­baut wer­den soll­te auch die Ge­sund­heits­wirt­schaft. Hier bie­tet der wei­te­re Aus­bau der Euro­pean Me­di­cal School in Olden­burg große Chan­cen. Lei­der ist die Fi­nan­zie­rung des not­wen­di­gen Aus­baus der Pro­fes­so­ren­stel­len nicht ge­sichert. Hier be­steht drin­gen­der Hand­lungs­bedarf.

Frage
: Ein gro­ßes Pro­blem ist der Fach­kräf­te­man­gel. Wie kann man dies angehen?

Müller: Beim Thema Aus­bil­dung soll­te die At­trak­ti­vi­tät einer dua­len Aus­bil­dung noch stär­ker heraus­ge­stellt wer­den. Die ein­zel­nen Unter­neh­men müs­sen sich selbst als at­trak­tive Ar­beit­ge­ber prä­sen­tie­ren. Wich­tig ist eine gute Per­so­nal­ent­wick­lung. Aber das alles wird nicht rei­chen. Daher wird es zu­künf­tig immer wich­ti­er wer­den, Stel­len auch durch aus­län­di­sche Ar­beit­neh­mer zum Bei­spiel über Zu­wan­de­rung zu be­set­zen. Um dem Fach­kräf­te­man­gel zu be­geg­nen, wird außer­dem eine noch stär­ke­re Auto­ma­ti­sie­rung not­wen­dig werden – auch im Dienst­leis­tungs­sek­tor. Und die mo­der­nen Kom­mu­ni­ka­tions­tech­ni­ken machen es leich­ter, auch Dienst­leis­tun­gen im Aus­land ein­zu­kaufen.

Unternehmen in IHK-Arbeit stär­ker ein­be­ziehen

Frage: Sie sind als IHK-Prä­si­dent für fünf Jahre ge­wählt. Was sollen Ihre Schwer­punkte werden?

Müller: Zuallererst will ich die Unter­neh­men bei den an­ste­hen­den und an­ge­spro­che­nen gro­ßen Heraus­for­de­run­gen – wie De­kar­bo­ni­sie­rung und Fach­kräf­te – unter­stüt­zen, so­weit das re­gio­nal be­ein­fluss­bar ist. Die IHK wird dazu ent­spre­chen­de Ser­vi­ce­an­ge­bo­te machen. Außer­dem will ich die Unter­neh­men über un­se­re Platt­for­men, wie un­se­re Aus­schüs­se und Bei­räte, stär­ker in die IHK-Arbeit ein­be­zie­hen. Bei den an­ste­hen­den ge­sell­schaft­lichen Ver­än­de­run­gen soll die Olden­bur­gische IHK von Sei­ten der Po­li­tik und Ver­wal­tung ein ge­such­ter An­sprech­part­ner in wirt­schaft­lichen Be­lan­gen sein. Und nicht zu­letzt wol­len wir die Pro­zes­se in der Kam­mer für die Mit­glieds­fir­men wei­ter di­gi­ta­li­sie­ren und damit ein Vor­bild für Unter­nehmen sein.
Oberes Bild: IHK-Präsident Jan Müller hat vom Dach sei­ner Silos im Braker Hafen einen herr­lich wei­ten Blick über große Tei­le des Olden­bur­ger Landes. Foto: Klaus-Peter Jordan

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Klaus-Peter Jordan

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Klaus-Peter Jordan ist als freier Journalist tätig.

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Zur Person:
Jan Müller

Jan Müller ist seit 1992 ge­schäfts­füh­ren­der Ge­sell­schaf­ter und seit 2010 Vor­stands­vor­sit­zen­der der J. Müller AG in Brake (Kreis Weser­marsch). Er ver­ant­wor­tet die Unter­neh­mens­stra­te­gie und Steue­rung der Unter­neh­mens­gruppe, sowie die Ent­wick­lung der Ver­kehrs- und Hafen­in­fra­struk­tur der unter­neh­mens­ei­ge­nen Ter­mi­nals in Brake und Bremen. Der 59-jäh­ri­ge Di­plom-Kauf­mann ist neben sei­nen unter­neh­mens­be­zo­ge­nen Ak­ti­vi­tä­ten um­fäng­lich en­ga­giert in unter­neh­mens­na­hen Bran­chen­ver­bän­den. Nach­dem er zuvor be­reits Vize­prä­si­dent der Olden­bur­gi­schen In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer (IHK) war, wurde er Mitte Juli die­sen Jah­res ein­stim­mig zum Prä­si­den­ten gewählt.

Die mittel­stän­di­sche Unter­neh­mens­grup­pe J. Müller be­fin­det sich seit der sechs­ten Ge­ne­ra­tion, Grün­dung 1821, im Be­sitz der Fa­mi­lie Müller. Spe­zia­li­siert auf den Betrieb von See­ha­fen­ter­mi­nals und den da­zu­ge­hö­ri­gen Hafen- und schiff­fahrts­nahen Dienst­leis­tun­gen be­schäf­tigt die Unter­neh­mens­gruppe etwa 500 Mit­ar­bei­ter und er­wirt­schaf­te­te zu­letzt rund 110 Mil­lio­nen Euro Um­satz. Die Olden­bur­gi­sche IHK ver­tritt die In­te­res­sen von 68.690 Unter­neh­men im Olden­burger Land, be­ste­hend aus den Land­krei­sen Ammer­land, Clop­pen­burg, Fries­land, Olden­burg, Vechta, Weser­marsch sowie den kreis­freien Städ­ten Del­men­horst, Olden­burg und Wil­helms­haven.

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Klaus-Peter Jordan

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Klaus-Peter Jordan ist als freier Journalist tätig.

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