Im Geschäft mit dem Risiko
26. August 2024Klimawandel, regulatorische Anforderungen, Demografie: Das Umfeld der Versicherungsbranche verändert sich rasant.
Wie sich die Öffentliche auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet.
Vor 260 Jahren mag die Welt weniger komplex gewesen sein, aber die Gefahren waren nicht kleiner als heute. Zu den größten Risiken gehörten Brände.
Leitgedanke von damals gilt noch immer
Vor 260 Jahren mag die Welt weniger komplex gewesen sein, aber die Gefahren waren nicht kleiner als heute. Zu den größten Risiken gehörten Brände. Wem ein Feuer Haus und Hof raubte, der war im Wortsinn „abgebrannt“, oft blieb ihm nur ein Dasein als Tagelöhner. Dänemarks König Fridrich V. brachte das zu einer wegweisenden Entscheidung: 1764 ordnete er die Gründung einer Feuerversicherung in Oldenburg und Delmenhorst an, zwei Grafschaften, die damals zu seiner Herrschaft zählten. Es war die Geburtsstunde der Oldenburgischen Landesbrandkasse und damit der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg.
Der Leitgedanke von damals gilt noch immer: Die Gemeinschaft der Versicherten springt ein, wenn Einzelne Schaden nehmen oder gar alles zu verlieren drohen; Lasten werden solidarisch geteilt. „Wir minimieren Risiken und machen das Leben auf diese Weise sicherer“, sagt Jürgen Müllender, der seit 2020 als Vorstandsvorsitzender an der Spitze der Öffentlichen steht.
Bild: Das Geschäftsgebiet der Öffentlichen Oldenburg, Foto: Öffentliche
„Allerdings sind die Risiken heute vielfältiger geworden“, erklärt Müllender in seinem Büro im vierten Stock der Unternehmenszentrale mit Fensterfronten zum Stadtmuseum und zum Lappan. „Die Welt ändert sich, und damit auch unser Geschäft.“
Tatsächlich haben sich die Herausforderungen für die Versicherungsbranche stark verändert. Seit der Jahrtausendwende scheinen Krisen und Katastrophen in immer kürzerem Takt über die Welt hereinzubrechen. Der 11. September, die Finanzkrise, Corona, Russlands Überfall auf die Ukraine, De-Globalisierung – die Welt ist voller Krisen und Konflikte.
Stürme, Fluten, Hitze, Dürren: Die Erderwärmung stellt die Branche vor ungekannte Herausforderungen
Bild: v.l. Kersin Garbe (Vorstandsmitglied), Ralf Kunze (Vorstandsmitglied), Jürgen Müllender (Vorstandsvorsitzender), Foto: Stephan Meyer-Bergfeld
Hinzukommen zwei Megatrends, die die Versicherungsbranche noch auf lange Zeit beschäftigen werden. Der erste ist die Klimakrise mit der Zunahme an Extremwettereignissen. Je stärker sich die Erde aufheizt, desto größer ist die Wucht von Orkanen und Sturzregen, und desto öfter kommt es zu Überschwemmungen und Hitzewellen. Im selben Maß wachsen die Risiken, für die die Versicherer einstehen müssen. Fluten reißen Häuser fort, Dürreperioden führen zu Ernteausfällen. Allein die Ahrtal-Katastrophe kostete die Assekuranz fast neun Milliarden Euro.
„Der Klimawandel ist ein Fakt, den wir in unsere Kalkulationen einbeziehen müssen“, sagt Müllender. Die Frage sei nicht, ob das nächste Elementarereignis komme, sondern wann. Doch längst nicht alle Haushalte seien darauf eingestellt. Die Öffentliche hat nach eigenen Angaben fast 40 Prozent der Gebäude in ihrem Geschäftsgebiet im Oldenburger Land versichert. Eine zusätzliche Absicherung gegen Elementarschäden habe aber nicht einmal die Hälfte der Kunden abgeschlossen.
Einen Schutz gegen Elementarschäden hält Müllender für sinnvoll – eine Pflichtversicherung aber nicht
Bild: Der geplante Neubau der Öffentlichen Oldenburg, Foto: Öffentliche
Von einer Pflichtversicherung, die als Reaktion auf die Hochwasser in Süddeutschland in der Politik diskutiert wird, hält Müllender dennoch nichts. „In der Branche werben wir für ein Opt-out-Modell nach dem Vorschlag des Gesamtverbands der deutschen Versicherer: Wir bieten jedem Kunden eine Elementarschadenversicherung an, und er muss sich aktiv dagegen entscheiden.“ Eine Pflicht könnte aus seiner Sicht dazu führen, dass sich Hausbesitzer nicht ernsthaft mit den Risiken ihrer Immobilien auseinandersetzten und die notwendige Vorsorge vernachlässigten.
Der Vorstandsvorsitzende sieht aber auch die Politik in der Verantwortung, sowohl bei der Bekämpfung der Ursachen der Klimakrise als auch in der Prävention. Flutgefährdete Gebiete an Flussläufen etwa dürften nicht mehr bebaut werden.
Der zweite Megatrend, der die Versicherungsbranche durchrüttelt, ist die demografische Entwicklung. Sie betrifft insbesondere das Geschäft der Lebensversicherer, das auch bei der Öffentlichen mit gut 120.000 Kunden in diesem Segment ein wichtiges Standbein ist.
Zwar hat sich das Zinsniveau vom langjährigen Tief erholt, sodass es der Branche wieder leichter fällt, mit den Beitragseinnahmen der Versicherten jenes Kapital zu erwirtschaften, aus dem je nach Modell etwa Kapitalabfindungen oder lebenslange Renten finanziert werden. Doch wenn die Zahl der Berufstätigen sinkt, gehen auch die Beitragseinnahmen der Lebensversicherer perspektivisch zurück. Das macht das Geschäft nicht einfacher.
Bei der Auswahl der Anlageformen, über die sich Versicherungsunternehmen refinanzieren, sind ihnen allerdings Grenzen gesetzt. Die Risiken dürfen nicht zu hoch sein. „Wir müssen das, was wir unseren Kunden versprechen, auch jederzeit bezahlen können und die nötigen Rücklagen bilden“, sagt Müllender. „Dazu zwingt uns schon die Regulierung durch die Aufsichtsbehörden.“ Die Öffentliche sieht er dabei gut aufgestellt. Das Segment der Lebensversicherungen sei oft totgesagt worden. Er sei dennoch überzeugt, dass es noch in Jahrzehnten bestehen werde.
Der demografische Wandel betrifft die Öffentliche in der Lebensversicherungssparte und als Arbeitgeber
Bild: Hallenfußballturnier, Foto: Uwe Schucht
Der demografische Wandel betrifft die Öffentliche allerdings nicht nur in ihrer Lebensversicherungssparte, sondern auch als Arbeitgeber. Das Unternehmen beschäftigt knapp 700 Menschen und stellt jedes Jahr 20 Auszubildende ein, von denen im Schnitt rund drei Viertel übernommen werden. Die Fluktuation in der Belegschaft sei gering, aber der Wettbewerb um die besten Köpfe werde härter. Umso wichtiger sei es, sich als modernes Unternehmen zu präsentieren.
Von ihren Wettbewerbern hebt sich die Öffentliche unter anderem durch das dichte Netz von gut 80 Geschäftsstellen im Oldenburger Land ab. „Es heißt oft, die Kunden würden nur noch digital mit ihrer Versicherung kommunizieren wollen. Wir glauben aber, dass Nähe auch künftig noch wichtig sein wird“, sagt Müllender. Gut die Hälfte der Beschäftigten arbeite im Außendienst. In Oldenburg soll neben dem Stadtmuseum eine zeitgemäße neue Zentrale entstehen.
Auf das Image des Unternehmens zahlt auch das Sponsoring von Kunst, Kultur und Sport ein. „Als Anstalt des Öffentlichen Rechts spielt für uns die Gewinnmaximierung nicht die allein ausschlaggebende Rolle. Natürlich müssen wir betriebswirtschaftlich arbeiten. Aber wir sind ein Regionalversicherer und wollen der Region auch etwas zurückgeben.“ Auch beim von der Nordwest Mediengruppe veranstalteten Festival Growmorrow ist die Öffentliche als Partner beteiligt.
Quelle: Nordwest Zeitung, Autor: Volker Kühn
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