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Ein Leben für 112
Interview mit dem neuen Feuerwehrverbandschef Udo Schwarz
In seinem ersten großen Interview nach seiner Wahl zum neuen Vorsitzenden des Oldenburgischen Feuerwehrverbandes spricht Udo Schwarz mit dem Magazin der Öffentlichen Oldenburg „Wir sind Nähe“ über Corona, die Schwierigkeiten eines neuen Brandschutzgesetzes, den gesellschaftlichen Wandel und was das alles für die Feuerwehren im Oldenburger Land zur Folge hat.
21. Mai 2021
Frage: Herr Schwarz, 15 Monate Corona-Pandemie. Wie trifft dies die Feuerwehren im Oldenburger Land?
Udo Schwarz: Betroffen sind die Feuerwehren in erster Linie was Übungen, Ausbildung und Schulungen betrifft. Zunächst herrschte große Unsicherheit, was wir überhaupt noch dürfen. Wir sind sehr vorsichtig gewesen, was strenge Hygienemaßnahmen und Dokumentationen erfordert. Inzwischen läuft viel – wie in der Wirtschaft – auch bei uns digital. In Videokonferenzen stellen wir zum Beispiel neue Ausrüstungen und Geräte vor. Die Kameraden können Fragen stellen, die live beantwortet werden. Der Oldenburgische Feuerwehrverband (OFV) hat ein Portal eingerichtet, von dem Lernvideos abgerufen werden können. Das gesamte Angebot wird sehr gut angenommen. Und die Kommunen haben für die technische Ausstattung auch Geld in die Hand genommen.
Frage: Und das notwendige stabile, schnelle Internet hierfür ist vorhanden?
Schwarz: Leider nicht in allen Feuerwehrgerätehäusern. Da besteht sicher noch Optimierungsbedarf. Aber die Zusammenarbeit mit den Kommunen funktioniert auch hier sehr gut.
Udo Schwarz: Betroffen sind die Feuerwehren in erster Linie was Übungen, Ausbildung und Schulungen betrifft. Zunächst herrschte große Unsicherheit, was wir überhaupt noch dürfen. Wir sind sehr vorsichtig gewesen, was strenge Hygienemaßnahmen und Dokumentationen erfordert. Inzwischen läuft viel – wie in der Wirtschaft – auch bei uns digital. In Videokonferenzen stellen wir zum Beispiel neue Ausrüstungen und Geräte vor. Die Kameraden können Fragen stellen, die live beantwortet werden. Der Oldenburgische Feuerwehrverband (OFV) hat ein Portal eingerichtet, von dem Lernvideos abgerufen werden können. Das gesamte Angebot wird sehr gut angenommen. Und die Kommunen haben für die technische Ausstattung auch Geld in die Hand genommen.
Frage: Und das notwendige stabile, schnelle Internet hierfür ist vorhanden?
Schwarz: Leider nicht in allen Feuerwehrgerätehäusern. Da besteht sicher noch Optimierungsbedarf. Aber die Zusammenarbeit mit den Kommunen funktioniert auch hier sehr gut.
Schwierige Nachwuchsarbeit in Corona-Zeiten
Frage: Wie steht es mit der Nachwuchsarbeit?
Schwarz: Das ist das schwierigste Kapitel. Die Kinder- und Jugendfeuerwehren dürfen sich nicht treffen, weder für Übungen noch für gemeinsame Veranstaltungen, wie etwa die beliebten Zeltlager. Wir versuchen, den Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen zu halten. Zu Weihnachten etwa gab es für jedes Mitglied bei einigen Feuerwehren ein kleines Überraschungspaket. Wir hoffen, dass nach der Pandemie alle wiederkommen.
Frage: Thema Corona-Schutzimpfung. Da fühlten sich die Feuerwehrleute im Stich gelassen. Mitte April ist dem OFV dann der „Geduldsfaden gerissen“, so die Formulierung in einer Pressemitteilung, die an die Landesregierung gerichtet war. Hat’s geholfen?
Schwarz: Ja. Vor allem konnten wir nicht nachvollziehen, dass die neue Sozial- und Gesundheitsministerin über ihre Behörde ein Verabreichen von Restimpfstoffen an Feuerwehren ausdrücklich untersagt hatte. Die Nicht-Impfung gefährdete unsere Einsatzbereitschaft, unsere Familien und die Betriebe, in denen die ehrenamtlich tätigen Feuerwehrleute ja täglich arbeiten. Der aufgebaute Druck auf die Politik hat gewirkt. Inzwischen werden wir in allen Kreisen und Städten des Oldenburger Landes geimpft. Kein Feuerwehrkamerad geht in einen Einsatz ohne Helm – und die Impfung ist wie ein Helm.
Frage: In Niedersachsen wird an einem neuen Brandschutzgesetz gearbeitet. Wo hakt es da?
Schwarz: Das ist eine besondere Geschichte. Ziel ist der Erlass eines zukunftsfesten Brandschutzgesetzes für mindestens zehn Jahre. Bereits vor zwei Jahren hat die Politik uns aufgefordert, unsere Sichtweisen zu formulieren und uns hierfür ganz enge Zeitfristen gesetzt. In Arbeitskreisen haben wir mit hohem Zeitaufwand unter dem Zeitdruck einen 112-Punkte-Katalog erstellt. Derzeit wird nun ein vom Innenministerium erstellter Gesetzentwurf mit anderen Ministerien abgestimmt. Im Sommer soll die Verbandsanhörung stattfinden. Das Gesetz soll in dieser Legislaturperiode, also bis Herbst 2022, kommen. Ich kann derzeit nur so viel sagen: Es wäre fatal, wenn von unseren 112 Punkten am Ende nur wenige berücksichtigt würden. Zukunftsfest wäre ein neues Brandschutzgesetz dann sicher nicht.
Frage: Thema Corona-Schutzimpfung. Da fühlten sich die Feuerwehrleute im Stich gelassen. Mitte April ist dem OFV dann der „Geduldsfaden gerissen“, so die Formulierung in einer Pressemitteilung, die an die Landesregierung gerichtet war. Hat’s geholfen?
Schwarz: Ja. Vor allem konnten wir nicht nachvollziehen, dass die neue Sozial- und Gesundheitsministerin über ihre Behörde ein Verabreichen von Restimpfstoffen an Feuerwehren ausdrücklich untersagt hatte. Die Nicht-Impfung gefährdete unsere Einsatzbereitschaft, unsere Familien und die Betriebe, in denen die ehrenamtlich tätigen Feuerwehrleute ja täglich arbeiten. Der aufgebaute Druck auf die Politik hat gewirkt. Inzwischen werden wir in allen Kreisen und Städten des Oldenburger Landes geimpft. Kein Feuerwehrkamerad geht in einen Einsatz ohne Helm – und die Impfung ist wie ein Helm.
Frage: In Niedersachsen wird an einem neuen Brandschutzgesetz gearbeitet. Wo hakt es da?
Schwarz: Das ist eine besondere Geschichte. Ziel ist der Erlass eines zukunftsfesten Brandschutzgesetzes für mindestens zehn Jahre. Bereits vor zwei Jahren hat die Politik uns aufgefordert, unsere Sichtweisen zu formulieren und uns hierfür ganz enge Zeitfristen gesetzt. In Arbeitskreisen haben wir mit hohem Zeitaufwand unter dem Zeitdruck einen 112-Punkte-Katalog erstellt. Derzeit wird nun ein vom Innenministerium erstellter Gesetzentwurf mit anderen Ministerien abgestimmt. Im Sommer soll die Verbandsanhörung stattfinden. Das Gesetz soll in dieser Legislaturperiode, also bis Herbst 2022, kommen. Ich kann derzeit nur so viel sagen: Es wäre fatal, wenn von unseren 112 Punkten am Ende nur wenige berücksichtigt würden. Zukunftsfest wäre ein neues Brandschutzgesetz dann sicher nicht.
Verrohung in der Gesellschaft nimmt zu
Frage: Da sind wir beim Thema Wertschätzung und Respekt. Spüren die ja meist ehrenamtlich tätigen Feuerwehrleute dies insgesamt noch?
Schwarz: Bei der großen Mehrheit der Bevölkerung sicher. Aber auch wir stellen einen Werteverfall und eine Verrohung in der Gesellschaft fest. Einsatzkräfte werden behindert, beleidigt, bedroht. Weisungen werden nicht befolgt. Auch Gewalt gegen Einsatzkräfte kommt vor. Manchmal muss man Angst haben, heil nach Hause zu kommen . . .
Frage: . . . und sie bekommen keine Unterstützung?
Schwarz: Ja und nein. Die Politik hat zwar reagiert und Gesetze geändert. Aber deren Einhaltung muss auch umgesetzt werden. Da hapert es – nicht zuletzt, weil die Justiz überlastet ist. Ich sage es mal so: Wer einen Tiger loslässt, muss ihm auch Zähne einsetzen.
Frage: Haben sich die Feuerwehreinsätze in den letzten Jahren verändert und wenn ja, wie?
Schwarz: Corona hat uns weniger Hilfseinsätze bei Verkehrsunfällen gebracht, aber mehr Dachstuhlbrände, weil die Menschen weniger unterwegs waren und mehr zu Hause. Ein zunehmendes Problem sind Akkubrände – bei E-Autos und E-Bikes, aber auch bei anderen Elektrogeräten mit Akkus. Bei kleineren Geräten ist das oft eine Frage der Akku-Qualität. Aber auch die Qualität solcher Brände ist anders. Sie lassen sich bei Pkws nicht so einfach löschen. Größere Akkus müssen nach einem Brand oft noch länger gekühlt werden. Auch hierfür haben wir inzwischen im Bereich des OFV übrigens Online-Schulungen durchgeführt.
Frage: Sind Falschalarme ein zunehmendes Problem?
Schwarz: Schon. Zum einem in Privathäusern bei den wichtigen, Leben rettenden Rauchmeldern durch leere Batterien. Zum anderen bei den gewerblichen Brandmeldeanlagen. Bei letzteren stellen wir oft Fehler in der Bedienung oder mangelnde Wartung fest. Das hat gravierende Ausmaße angenommen.
Schwarz: Bei der großen Mehrheit der Bevölkerung sicher. Aber auch wir stellen einen Werteverfall und eine Verrohung in der Gesellschaft fest. Einsatzkräfte werden behindert, beleidigt, bedroht. Weisungen werden nicht befolgt. Auch Gewalt gegen Einsatzkräfte kommt vor. Manchmal muss man Angst haben, heil nach Hause zu kommen . . .
Frage: . . . und sie bekommen keine Unterstützung?
Schwarz: Ja und nein. Die Politik hat zwar reagiert und Gesetze geändert. Aber deren Einhaltung muss auch umgesetzt werden. Da hapert es – nicht zuletzt, weil die Justiz überlastet ist. Ich sage es mal so: Wer einen Tiger loslässt, muss ihm auch Zähne einsetzen.
Frage: Haben sich die Feuerwehreinsätze in den letzten Jahren verändert und wenn ja, wie?
Schwarz: Corona hat uns weniger Hilfseinsätze bei Verkehrsunfällen gebracht, aber mehr Dachstuhlbrände, weil die Menschen weniger unterwegs waren und mehr zu Hause. Ein zunehmendes Problem sind Akkubrände – bei E-Autos und E-Bikes, aber auch bei anderen Elektrogeräten mit Akkus. Bei kleineren Geräten ist das oft eine Frage der Akku-Qualität. Aber auch die Qualität solcher Brände ist anders. Sie lassen sich bei Pkws nicht so einfach löschen. Größere Akkus müssen nach einem Brand oft noch länger gekühlt werden. Auch hierfür haben wir inzwischen im Bereich des OFV übrigens Online-Schulungen durchgeführt.
Frage: Sind Falschalarme ein zunehmendes Problem?
Schwarz: Schon. Zum einem in Privathäusern bei den wichtigen, Leben rettenden Rauchmeldern durch leere Batterien. Zum anderen bei den gewerblichen Brandmeldeanlagen. Bei letzteren stellen wir oft Fehler in der Bedienung oder mangelnde Wartung fest. Das hat gravierende Ausmaße angenommen.
Gute Zusammenarbeit mit der Öffentlichen Oldenburg
Frage: Der Oldenburgische Feuerwehrverband ist als Rechtsnachfolger des Feuerwehrverbandes für das Herzogtum Oldenburg und das Königlich Preußische Jagdgebiert inzwischen fast 140 Jahre alt. Worum kümmert sich der OFV?
Schwarz: Wir nehmen die Interessen unserer Mitglieder wahr, sorgen für einen Erfahrungsaustausch, für Kameradschaft, Fürsorge und soziale Betreuung – alles zur Förderung des Feuerwehr- und Brandschutzwesens.
Frage: Welche Rolle spielt dabei die Öffentliche Oldenburg mit ihrer Oldenburgischen Landesbrandkasse?
Schwarz: Wir arbeiten für gemeinsame Ziele wie den vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz. Davon profitieren wir beide, die Feuerwehren und die Öffentliche Oldenburg. Wir haben eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Öffentliche finanziert etwa Brandschutzmaterial für Kitas und Schulen, hilft bei Neuanschaffungen von Gerätschaften und unterstützt die Feuerwehren überhaupt auf vielfältige Art und Weise. Dafür sind wie sehr dankbar.
Oberes Bild: Udo Schwarz (links), neuer Vorsitzender des Oldenburgischen Feuerwehrverbandes, mit seinem ersten Ansprechpartner bei der Öffentlichen Oldenburg, Jan-Bernd Burhop, Direktionsbeauftragter Schadenverhütung. Foto: Klaus-Peter Jordan
Schwarz: Wir nehmen die Interessen unserer Mitglieder wahr, sorgen für einen Erfahrungsaustausch, für Kameradschaft, Fürsorge und soziale Betreuung – alles zur Förderung des Feuerwehr- und Brandschutzwesens.
Frage: Welche Rolle spielt dabei die Öffentliche Oldenburg mit ihrer Oldenburgischen Landesbrandkasse?
Schwarz: Wir arbeiten für gemeinsame Ziele wie den vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz. Davon profitieren wir beide, die Feuerwehren und die Öffentliche Oldenburg. Wir haben eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Öffentliche finanziert etwa Brandschutzmaterial für Kitas und Schulen, hilft bei Neuanschaffungen von Gerätschaften und unterstützt die Feuerwehren überhaupt auf vielfältige Art und Weise. Dafür sind wie sehr dankbar.
Oberes Bild: Udo Schwarz (links), neuer Vorsitzender des Oldenburgischen Feuerwehrverbandes, mit seinem ersten Ansprechpartner bei der Öffentlichen Oldenburg, Jan-Bernd Burhop, Direktionsbeauftragter Schadenverhütung. Foto: Klaus-Peter Jordan