• Plexiglas Jung

    Wenn Corona zum Glücks­fall wird

    Hatter Firma Plexiglas Jung hilft mit Spuck- und Nieß­schutz­schei­ben

Der Hy­gie­ne­schutz aus Ple­xi­glas be­schert dem klei­nen Unter­neh­men einen Um­satz­schub. Und der Boom ist noch nicht vorbei.

22. Juli 2020

Corona-Zeiten sind für die meis­ten Unter­neh­men schwe­re Zei­ten. Nicht für Günter Suck. „Am 15. März ging es los; da­nach war bei uns die Hölle los“, weiß der In­ha­ber von Plexiglas Jung in Hat­ten (Kreis Olden­burg) noch heute.

Empfang von Plexiglas Jung
Bild: Firmenchef Günter Suck hat den Spuck- und Nieß­schutz natür­lich auch im ei­ge­nen Unter­neh­men am Em­pfang ste­hen. Foto: Klaus-Peter Jordan
Wir erin­nern uns: Mitte März muss­ten we­gen der auch in Deutsch­land stark stei­gen­den Covid-19-In­fek­tions­fäl­le die meis­ten Ge­schäf­te und vie­les mehr schlie­ßen. Aus­ge­nom­men waren u.a. Le­bens­mit­tel­ge­schäf­te, Apo­the­ken, Ärz­te, Ban­ken und Tank­stel­len. Und die muss­ten Hy­gie­ne­maß­nah­men ins­tal­lie­ren. Neben Ab­stands­ge­bo­ten ge­hör­te hier­zu vor allem die Siche­rung des Per­so­nals. Über­all an den Be­zahl­stel­len, wie Kas­sen, wur­den Spuck- und Nieß­schutz­schei­ben be­nö­tigt, um die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter vor Tröpf­chen­in­fek­tion mit dem Vi­rus zu schüt­zen – fast immer aus durch­sich­ti­gem Ple­xi­glas.

Glück im Unglück

Schneiden Plexiglasschreibe
Bild: Ein Laser schnei­det die Tei­le aus der Ple­xi­glas­schei­be. Foto: Klaus-Peter Jordan
„Corona war für uns schon ein we­nig Glück im Un­glück“, sagt Suck. Denn die Ge­samt-Um­satz­kur­ve war zu­vor leicht im Sink­flug ge­we­sen. Neu waren sol­che tech­nisch ein­fachen Spuck­schutz-Ple­xi­glas­schei­ben für das Hatter Unter­neh­men zwar nicht, aber eher ein Rand­pro­dukt. „Nach­dem wir Spuck- und Nieß­schutz­pro­duk­te in un­se­ren Inter­net­auf­tritt ge­stellt hat­ten, ex­plo­dier­te die Nach­fra­ge“, schwärmt Suck. Denn auch die Ge­schäf­te und Ein­rich­tun­gen, die noch ge­schlos­sen blei­ben muss­ten, be­rei­te­ten sich auf den Wie­der­er­öff­nungs­tag vor. „Aus­ge­lau­fen ist die Wel­le noch nicht“, be­rich­tet Suck. „Wir haben ei­ni­ge hun­dert neue Kun­den ge­won­nen, vom Phy­sio­the­ra­peu­ten mit nur einem Spuck­schutz bis hin zu gro­ßen Unter­neh­men mit weit über hun­dert Ple­xi­glas­schei­ben.“

„Wir haben zwar Stan­dard­grö­ßen, aber un­se­re Stär­ke ist die in­di­vi­duel­le Son­der­grö­ße“, be­tont der Plexiglas-Jung-Chef, „mit und ohne Aus­gabe-Öff­nung, zu­sam­men­steck­bar und stand­sicher“. Ein be­son­de­res Lob hat er für sei­ne derzeit neun Mit­ar­bei­ter, die die Auf­trags­flut „mit enor­mem Ein­satz“ be­wäl­ti­gen und vie­le in­di­vi­duel­le Wün­sche schnell er­füllen.

Um Plexi­glas – hier­bei han­delt es sich um den ge­schütz­ten Mar­ken­namen für Acryl­glas – dreht sich bei der Hat­ter Firma seit über 60 Jah­ren alles. Fir­men­grün­der Werner Jung be­gann in den 1950er Jah­ren Wind­ab­wei­ser für Taxis und an­de­re Pkw aus dem bis da­hin re­la­tiv un­be­kann­ten Ma­te­rial zu fer­ti­gen. Es folg­ten wei­te­re Pro­duk­te, etwa fürs Büro, wie Zet­tel­käs­ten oder Scha­len für Stifte.

Maßge­schnei­der­te Lö­sun­gen

Aufsteller aus Plexiglas
Bild: Aufsteller aus Plexi­glas (hier für CeWe Color) sind eines der vie­len Pro­duk­te von Plexiglas Jung. Foto: Klaus-Peter Jordan
Zwei Nach­fol­ger und mehr als 40 Jah­re spä­ter über­nahm vor jetzt 21 Jah­ren der Ma­schi­nen­bau­in­ge­nieur Suck die Firma. „Mein An­fang war schwe­rer als ge­dacht“, räumt der 72-Jäh­ri­ge heute ein. „Zwar hatte das Unter­neh­men einen ho­hen Be­kannt­heits­grad, aber die Wirt­schaft­lich­keit war noch aus­bau­fä­hig.“ Suck wei­te­te die Pro­dukt­pa­let­te aus und damit auch die Zahl der po­ten­ziel­len Kun­den. Heute stellt das Unter­neh­men von grö­ße­ren Ver­klei­dun­gen aus Plexi­glas für Ma­schi­nen über Mes­se- und La­den­bau­ein­rich­tun­gen, Plexi­glas­mo­del­le für Hoch­schul­ein­rich­tun­gen bis hin zum klei­nen Wer­be­ge­schenk in Klein­se­rie vie­le Pro­duk­te her. Für gro­ße Kun­den, wie etwa CeWe Color, die Stadt Olden­burg, OLB und LzO oder den Ver­packungs­ma­schi­nen­her­stel­ler Sealpac, bis hin zur klei­nen Eis­die­le. „Un­se­re Stär­ke ist, schnell und in klei­ner Stück­zahl Son­der­lö­sun­gen zu ent­wickeln. Maß­ge­schnei­der­te Lö­sun­gen und Qua­li­tät zeich­nen uns aus“, sagt Suck nicht ohne Stolz. Inno­va­ti­ve Pro­duk­te für alle Bran­chen. So wird gerade mit einem Kun­den eine Hal­te­rung für Eis­tü­ten ent­wickelt, die die be­rüh­rungs­freie Be­fül­lung von Waf­feln mit Eis er­mög­licht – auch so eine Corona-Krea­tion. Natür­lich aus Plexi­glas.

Acrylglas hat für Suck – ge­gen­über her­kömm­lichem Glas – vor allem Vor­tei­le. Und nur einen Nach­teil: es ist nicht kratz­fest. An­sons­ten: es ver­wit­tert nicht, es ist bruch­fest und split­tert nicht, es hat eine ho­he Licht­durch­läs­sig­keit und es lässt sich ein­fach be­ar­bei­ten. Man kann es schnei­den, frä­sen, fei­len und er­hitzt auch gut bie­gen. Zwei mal drei Me­ter groß sind die Ple­xi­glas­schei­ben, wenn sie in Hat­ten vom Vor­lie­fe­ran­ten an­kom­men. Aus die­sen Plat­ten ent­ste­hen dann die un­zäh­li­gen Pro­duk­te.

Von Wardenburg nach Hatten

Café Pudding auf Wangerooge
Bild: Licht­wer­bung von Plexiglas Jung für das be­rühm­te Café Pudding auf Wan­ge­rooge, Foto: Plexiglas Jung
Zwei Mei­len­stei­ne hatte das Unter­neh­men in den letz­ten Jah­ren noch zu ver­zeich­nen. 2009 zieht man vom Ur­sprungs­sitz War­den­burg in eine neue, ge­pach­te­te Hal­le in Hat­ten, ge­nauer in Streeker­moor. Schnurgerade Straße hin­term Flug­platz, nur alle vier­hun­dert, fünf­hun­dert Me­ter ein Ge­bäu­de, viel Feld und Wie­se, dann eine un­schein­ba­re, um eine leich­te Kur­ve füh­ren­de Ein­fahrt und man steht vor einer gro­ßen Halle fast im Nir­gend­wo. Be­tritt man die­se, über­ra­schen die groß­zü­gi­gen Räum­lich­kei­ten, aus­ge­stat­tet mit ra­tio­nel­ler Fer­ti­gungs­tech­nik. So wer­den zum Bei­spiel pass­ge­naue Tei­le aus den Ple­xi­glas­schei­ben mit mo­der­nen CNC-Ma­schi­nen ge­schnit­ten.

Lichtwerbung LzO
Bild: Auch für die LzO stellt das Hatter Unter­neh­men Licht­wer­be­pro­duk­te her. Foto: Plexiglas Jung
Meilenstein 2: 2011 über­nimmt Suck die Firma Markt­wer­bung Schostock, ein in der Wer­be­tech­nik er­folg­rei­ches Unter­neh­men aus Olden­burg. Damit er­wei­tert Plexiglas Jung sei­ne Pro­duk­tion auf Licht­wer­be­pro­duk­te. „Das lief auch nicht ganz pro­blem­los und hat Lehr­geld ge­kos­tet. Aber jetzt passt es“, sagt der Fir­men-Chef. Seit neun Jah­ren ent­ste­hen nun in Hatten neue Licht­kon­zep­te für leuch­ten­de Wer­be­an­la­gen, groß­flächi­ge Licht­ele­men­te, Be­schil­de­run­gen, Dis­plays und vie­les mehr. „Denn Plexi­glas und Licht er­gän­zen sich aus­ge­zeich­net“, weiß Suck. Etwa ein Drit­tel des Fir­men­um­sat­zes macht die Licht­wer­bung in­zwi­schen in nor­ma­len Jahren aus.

2020 aber ist nicht nor­mal. In die­sem Jahr dürf­te sich die Um­satz-Waag­scha­le ver­stärkt in Rich­tung Plexi­glas­pro­duk­te ver­schie­ben. „Die Corona-Pro­duk­te lau­fen näm­lich immer noch sehr gut. Über das Inter­net be­kom­men wir in­zwi­schen auch di­ver­se Auf­trä­ge aus Süd­deutsch­land“, freut sich Suck. Zu­min­dest für sei­ne Fir­ma Plexiglas Jung war Covid-19 damit wirt­schaft­lich alles an­de­re als eine Ka­tas­trophe.
Oberes Bild: Meister Günter Tauber zeigt die Ple­xi­glas­schei­ben, be­vor aus ihnen die Pro­du­kte ent­ste­hen. Foto: Klaus-Peter Jordan

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