Werkschau im Oldenburger theater hof19
Ein „schwarzer Schwan“ ist nicht nur ein seltener Vogel. Es ist auch ein Begriff der Finanzwelt, der in nahezu alle Wissenschaftsbereiche übertragbar ist. Er meint ein Ereignis, das höchst unwahrscheinlich ist, überraschend eintritt und ungeahnte Konsequenzen hat.
20. Oktober 2020
Im Nachhinein stellt sich nicht selten heraus, dass Anhaltspunkte durchaus vorhanden waren oder die Begebenheit von Experten sogar vorausgesehen wurde – so ist es mit der Lehman-Pleite, dem Klimawandel, dem Herzinfarkt oder dem Corona-Virus. Von einem Tag zum anderen legte es das gewohnte Leben lahm. Um eben diese Situation kreist „Kintsugi und Quarantöne - Werkschau“ des theater hof/19, die am 4. und 5. Dezember zu erleben ist.
Werkschau deshalb, weil das Ensemble auf vielerlei Weise zeigt, wie Theater die aktuelle Lage reflektieren, zitieren und persiflieren kann. Als würde man durch ein TV-Programm zappen, ist der schwarze Schwan nur ein Element in einer Abfolge einzelner Szenen, die collagenhaft auf unsere Realität anspielen. „Es wird schon irgendwie weitergehen“ – im durchdeklinierten Smalltalkritus wird der Spruch zum gefühlten Kaugummi unter dem Schuh. Da helfen auch – in einer anderen Sequenz – die wohlwollend aufmunternden Worte nichts, die ein Moderator runterplappert. Als wäre die Welt bald wieder wie früher, würden wir nur brav in die Armbeuge husten. Wenn dann noch krasser Heavy-Metal vom Händewaschen handelt, kann einem das Lachen im Hals stecken bleiben. Wird das die Kultur von morgen sein? Und wann überhaupt endet das Jetzt?
Werkschau deshalb, weil das Ensemble auf vielerlei Weise zeigt, wie Theater die aktuelle Lage reflektieren, zitieren und persiflieren kann. Als würde man durch ein TV-Programm zappen, ist der schwarze Schwan nur ein Element in einer Abfolge einzelner Szenen, die collagenhaft auf unsere Realität anspielen. „Es wird schon irgendwie weitergehen“ – im durchdeklinierten Smalltalkritus wird der Spruch zum gefühlten Kaugummi unter dem Schuh. Da helfen auch – in einer anderen Sequenz – die wohlwollend aufmunternden Worte nichts, die ein Moderator runterplappert. Als wäre die Welt bald wieder wie früher, würden wir nur brav in die Armbeuge husten. Wenn dann noch krasser Heavy-Metal vom Händewaschen handelt, kann einem das Lachen im Hals stecken bleiben. Wird das die Kultur von morgen sein? Und wann überhaupt endet das Jetzt?
Dank des „Reload-Stipendiums“ konnte sich das Ensemble an diesen für Kulturschaffende existenziellen Fragen abarbeiten. Vergeben wurde das Stipendium von der Kulturstiftung des Bundes, die frei produzierende Künstlergruppen eingeladen hat, sich mit den Auswirkungen der Coronakrise auf die eigene Kunstpraxis zu beschäftigen. Die fünfköpfige Gruppe, bestehend aus Marie-Luise Gunst, Christian Klein, René Schack, Dieter Hinrichs und Frauke Allwardt, freut sich über das Stipendium sehr. "Frei von kommerziellen Zwängen kann die Krise sehr viel Kreativität freisetzen", berichtet Marie-Luise Gunst. Sie führt dazu den Vergleich zu Kintsugi an, der japanischen Tradition, gesprungene Keramik so zu reparieren, dass die geklebten Bruchstellen nicht kaschiert, sondern eine neue Ästhetik hervorbringen. Auch die Kultur liegt durch Corona in Scherben, die jetzt neu zusammengesetzt werden müssen. Während dessen ist das Stipendium eine große Hilfe, „weil es für die freien Theater - wenn auch zeitlich begrenzt - das wirtschaftliche Überleben sichert“, so Dieter Hinrichs, Schauspieler und Betreiber des theater hof/19. Schließlich gilt zeitgenössisches Theater als Seismograf gesellschaftlicher und politischer Erschütterung und darf gerade jetzt nicht lahm gelegt werden. Dem Ensemble ist mit der „Werkschau“ ein ebenso utopisches wie dystopisches Bühnenstück gelungen. Noch wird geprobt, Karten sind jedoch jetzt schon erhältlich.
Bild Übersichtsseite: Ensemble Reload-Stipendium Foto: theater hof/19