„NEUE KONTUREN“
Abschied und Neubeginn im Stadtmuseum Oldenburg
Über das Bauvorhaben wurde in den letzten Jahren viel diskutiert und gestritten. Nun ist es soweit. Das Stadtmuseum Oldenburg wird modernisiert. Die „neue Galerie“ aus den 60er Jahren wird durch einen zeitgemäßen Neubau ersetzt. Im März beginnen die Abrissarbeiten.
17. November
Birgit Denizel sprach mit Dr. Steffen Wiegmann, Leiter des Stadtmuseum, über seine Pläne.
Frage: Herr Dr. Wiegmann, zum Abschied zeigen Sie die Ausstellung „NEUE KONTUREN“. Ein Titel, der deutlich in die Zukunft weist. Welche Idee verbirgt sich dahinter?
Dr. Steffen Wiegmann: In der Tat soll der Titel unseres Abschlussprogramms in die Zukunft weisen, dabei aber auch auf einen ständig fortlaufenden Prozess aufmerksam machen. Denn in Oldenburg entstehen in der Gesellschaft und im Stadtbild permanent neue Konturen, die sich verdichten und schärfer werden, sich wieder auflösen und unter Umständen auch wieder verschwinden. Das Stadtmuseum ist eine der Silhouetten, die Oldenburg kulturell und visuell prägen – und wir verändern uns ebenfalls.
Mit „Neue Konturen“ wollen wir zwei Dinge erreichen: Erstens feiern wir das Ende einer Epoche! 1968 bis 2021 – was für eine Zeit! Die Neue Galerie steht für den Zeitgeist der 60er Jahre, für Kunst am öffentlichen Bau, für das Thema Stadtentwicklung und für viele schöne Momente der Kunst und Kultur. Dies wollen wir würdigen und allen Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt die Gelegenheit geben, von der Neuen Galerie Abschied zu nehmen.
Frage: Herr Dr. Wiegmann, zum Abschied zeigen Sie die Ausstellung „NEUE KONTUREN“. Ein Titel, der deutlich in die Zukunft weist. Welche Idee verbirgt sich dahinter?
Dr. Steffen Wiegmann: In der Tat soll der Titel unseres Abschlussprogramms in die Zukunft weisen, dabei aber auch auf einen ständig fortlaufenden Prozess aufmerksam machen. Denn in Oldenburg entstehen in der Gesellschaft und im Stadtbild permanent neue Konturen, die sich verdichten und schärfer werden, sich wieder auflösen und unter Umständen auch wieder verschwinden. Das Stadtmuseum ist eine der Silhouetten, die Oldenburg kulturell und visuell prägen – und wir verändern uns ebenfalls.
Mit „Neue Konturen“ wollen wir zwei Dinge erreichen: Erstens feiern wir das Ende einer Epoche! 1968 bis 2021 – was für eine Zeit! Die Neue Galerie steht für den Zeitgeist der 60er Jahre, für Kunst am öffentlichen Bau, für das Thema Stadtentwicklung und für viele schöne Momente der Kunst und Kultur. Dies wollen wir würdigen und allen Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt die Gelegenheit geben, von der Neuen Galerie Abschied zu nehmen.
Zweitens wollen wir Diskurse anstoßen und unseren Blick in die Zukunft richten! Die Oldenburger Geschichte ist, neben ihren Konstanten, eine Geschichte vom Momenten und Phasen des Wandels und der Transformation. Sei es der Stadtbrand 1676 oder Seuchengänge des Mittelalters, die Revolution 1848 und ihre Folgen, der Übergang von fürstlicher Herrschaft zur Demokratie mit der Entwicklung bis zur NS-Herrschaft, die Zuwanderungen nach dem 2. Weltkrieg bis zu den politischen und sozialen Fragen der Gegenwart: Wir wollen an den Wandel dieser Stadt erinnern und für Fravgen und Konflikte der Gegenwart und Zukunft Ort des Diskurses für alle Bürgerinnen und Bürger sein.
Um den Transformationsprozess der Stadt und des Stadtmuseums selbst sichtbar zu machen und für unsere Besucherinnen und Besucher erlebbar zu gestalten, wird das Oldenburger „The Hidden Art Project“ die Neue Galerie mit einer installativen Ausstellung in einen Kreativ- und Projektraum verwandeln, der sich mit der Transformation des Museums als auch mit den aktuellen stadtgesellschaftlichen Prozessen auseinandersetzt. Corona spielt in dieser Betrachtung natürlich ebenfalls eine Rolle.
Frage: Was haben die Teilnehmer in den Räumen geplant?
Wiegmann: Die Corona-Krise beeinflusst nicht nur unsere tägliche Arbeit, sondern stellt uns in dieser Hinsicht vor nicht unerhebliche Herausforderungen. Während wir uns für den Januar und Februar 2021 eigentlich eine Zeit gewünscht haben, in der wir mit sehr vielen Menschen im Museum Begegnungen erleben wollten, so müssen wir nun für alle denkbare Varianten planen: Werden die Museen im Januar und Februar teilweise oder ganz geschlossen sein? Können wir Veranstaltungen planen und unter welchen Bedingungen macht dies Sinn? Und zu guter Letzt: wird die Ausstellung überhaupt jemand sehen können? Um zumindest diese letzte Frage für uns positiv zu beantworten, haben wir uns entgegen vorheriger Überlegungen entschlossen, die installative Ausstellung auf dem Museumsvorplatz, im Museumsgarten und an der Fassade des Gebäudes umzusetzen. Zu sehen sein werden Video-Projektionen, Fassaden- und Glaskunst, Installationen, Fotografien und vieles mehr.
Wiegmann: Die Corona-Krise beeinflusst nicht nur unsere tägliche Arbeit, sondern stellt uns in dieser Hinsicht vor nicht unerhebliche Herausforderungen. Während wir uns für den Januar und Februar 2021 eigentlich eine Zeit gewünscht haben, in der wir mit sehr vielen Menschen im Museum Begegnungen erleben wollten, so müssen wir nun für alle denkbare Varianten planen: Werden die Museen im Januar und Februar teilweise oder ganz geschlossen sein? Können wir Veranstaltungen planen und unter welchen Bedingungen macht dies Sinn? Und zu guter Letzt: wird die Ausstellung überhaupt jemand sehen können? Um zumindest diese letzte Frage für uns positiv zu beantworten, haben wir uns entgegen vorheriger Überlegungen entschlossen, die installative Ausstellung auf dem Museumsvorplatz, im Museumsgarten und an der Fassade des Gebäudes umzusetzen. Zu sehen sein werden Video-Projektionen, Fassaden- und Glaskunst, Installationen, Fotografien und vieles mehr.
Frage: Welche Künstler wirken dabei mit?
Wiegmann: Das Kuratoren-Team des „The Hidden Art Projects“ besteht aus Sven Müller, Hauke Beck, Angelique Huxol und Georgios Kolios. Im darüber hinaus gehenden Kreis des Künstlerkollektivs sind weitere Akteure beteiligt.
Frage: Haben Sie die Teilnehmer eingeladen? Gab es eine Ausschreibung?
Wiegmann: Der Plan einer Ausschreibung bestand zunächst auf Seiten des „The Hidden Art Projects“, musste dann jedoch aufgrund der Umplanungen im Zuge der Corona-Krise umgedacht werden.
Frage: Die Entwürfe des neuen Gebäudes wurden in der Zeitung schon abgebildet und sind auch auf Ihrer Website zu sehen. Wie werden Sie denn das Innenleben gestalten?
Wiegmann: Mit dem neuen Gebäude schaffen wir etwas, das zuvor nicht möglich gewesen ist. Wir werden das Stadtmuseum zu einem an der gesellschaftlichen Gegenwart und Aktualität orientierten Haus entwickeln und gleichzeitig seine einzigartige Qualität als historisches Baudenkmal neu hervorheben. Dies wird ermöglicht durch die Einrichtung einer stadtgeschichtlichen Dauerausstellung, der Gestaltung eines neuen museumspädagogischen Bereiches, der Neuaufstellung unseres Sammlungskonzeptes und vieler weiterer Prozesse. Ein besonderes Augenmerk liegt auch auf der Entwicklung eines sogenannten „dritten Ortes“.
Wiegmann: Mit dem neuen Gebäude schaffen wir etwas, das zuvor nicht möglich gewesen ist. Wir werden das Stadtmuseum zu einem an der gesellschaftlichen Gegenwart und Aktualität orientierten Haus entwickeln und gleichzeitig seine einzigartige Qualität als historisches Baudenkmal neu hervorheben. Dies wird ermöglicht durch die Einrichtung einer stadtgeschichtlichen Dauerausstellung, der Gestaltung eines neuen museumspädagogischen Bereiches, der Neuaufstellung unseres Sammlungskonzeptes und vieler weiterer Prozesse. Ein besonderes Augenmerk liegt auch auf der Entwicklung eines sogenannten „dritten Ortes“.
Frage: Ein „dritter Ort“? Was bedeutet dieser?
Wiegmann: Der Begriff stammt aus der Kulturtheorie, wonach der erste Ort dem Arbeits-, der zweite Ort dem Familienleben dient. Der dritte Ort bietet einen Ausgleich zu diesen Orten und ist in gemeinschaftlicher Hinsicht geprägt. Wichtiges Kennzeichen für dritte Orte ist die Möglichkeit, ohne Hierarchieunterschiede gleichberechtigt Gemeinschaft zu erleben. Dieser Kulturtheorie folgend möchten wir im Eingangsbereich unseres Haus eine hohe Aufenthaltsqualität schaffen, die es erlaubt, sich das Museum zu erschließen und für sich zu erobern.
Frage: Sie wollen also weg von dem verstaubten Image des Museums als Lehranstalt und sehen das Stadtmuseum künftig mehr als Ort des gesellschaftlichen Austauschs. Was können die Besucherinnen und Besucher künftig erwarten?
Wiegmann: Im Kontext einer diversen Museumslandschaft stellen Stadtmuseen mit die spannendsten Konzepte dar. Sie besitzen einen klar definierten lokalen Wirkungsbereich, beschäftigen sich aber im globalen Kontext auch mit den aktuellen Fragen, Diskussionen und Herausforderungen unserer Zeit. Wie wollen wir zusammen leben und wie gehen wir mit dem demografischen Wandel um? Wie organisieren wir Mobilität und Energie? Wie agieren wir im Hinblick auf Migrations- und Fluchtbewegungen? Mit diesen und vielen weiteren Themen kann das Stadtmuseum auf Basis der Geschichte Impulse setzen, Diskurse organisieren und eine Plattform für die Stadtgesellschaft sein.
Frage: Entstanden ist das Stadtmuseum vor 105 Jahren aus den Francksen-Villen. Später kam noch die Ballinsche Villa hinzu. Sind diese historischen Gebäude von dem Umbau betroffen?
Wiegmann: Im Windschatten des Neubaus wird in den historischen Villen viel gearbeitet, da diese einen sehr wesentlichen Teil des beschriebenen Profils des neuen Stadtmuseums ausmachen. Die Francksen Villa und die Jürgens`sche Villa werden in den kommenden Jahren grundlegend saniert und restauriert. Es wird dann, sehr behutsam, neue Technik verbaut, die ein neues Vermittlungskonzept ermöglicht. Dieses Konzept wird von einem Storytelling-Ansatz ausgehen, welcher unterschiedliche Wege der Entdeckung der Villen ermöglicht, je nach Interesse, Lernziel und auch sprachlichem Hintergrund. In der Ballinschen Villa werden in Zukunft Büros und Besprechungsräume für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtmuseums verortet sein, außerdem Seminarräume, welche auch extern genutzt werden können.
Wiegmann: Im Windschatten des Neubaus wird in den historischen Villen viel gearbeitet, da diese einen sehr wesentlichen Teil des beschriebenen Profils des neuen Stadtmuseums ausmachen. Die Francksen Villa und die Jürgens`sche Villa werden in den kommenden Jahren grundlegend saniert und restauriert. Es wird dann, sehr behutsam, neue Technik verbaut, die ein neues Vermittlungskonzept ermöglicht. Dieses Konzept wird von einem Storytelling-Ansatz ausgehen, welcher unterschiedliche Wege der Entdeckung der Villen ermöglicht, je nach Interesse, Lernziel und auch sprachlichem Hintergrund. In der Ballinschen Villa werden in Zukunft Büros und Besprechungsräume für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtmuseums verortet sein, außerdem Seminarräume, welche auch extern genutzt werden können.
Frage: Ab Beginn der Baumaßnahmen rechnen Sie mit einer Schließzeit von zwei bis drei Jahren. Wenn alles läuft wie geplant, wird das neue Stadtmuseum im Herbst 2023 eröffnet. Werden Sie und Ihr Team bis dahin an der Einrichtung des Neubaus arbeiten oder auch Ausstellungen und Veranstaltungen andersorts präsentieren?
Wiegmann: Wir wollen und werden beides tun, da für uns das eine mit dem anderen zusammenhängt. Sobald wir am 28. Februar 2021 unsere Türen schließen, sind wir am nächsten Tag als neues Stadtmuseum da – wir haben nur noch kein Gebäude. Wir wollen erreichen, dass wir trotz unserer Schließung offener als je zuvor sind. Die Stadt ist unser Objekt und dementsprechend werden wir uns der Themen dort annehmen, wo sie verortet sind. Unsere Arbeit in den kommenden zwei bis drei Jahren wird bereits Themen aufgreifen und Inhalte erarbeiten, die wir dann in unser neues Gebäude mitnehmen.
Denizel: Dem Konzept, Themen dort zu spielen, wo sie verortet sind, folgen Sie schon jetzt mit der Ausstellung „Neuen Konturen“. Der Umbau selbst steht im Zentrum der Ausstellung. Herr Dr. Wiegmann, ich danke Ihnen für das Gespräch.