• Arbeitszeugnis_1680

    Das Arbeitszeugnis:

    Diese Standards gelten

Ar­beits­zeug­nis­se sind noch im­mer wich­ti­ger Be­stand­teil von Be­wer­bun­gen. Ein Rechts­ex­per­te er­klärt, wel­che Min­dest­an­for­de­run­gen gel­ten.

27. Juli 2022

Ob Form oder In­­halt: Ar­­beits­­ge­­rich­­te müs­­sen sich im­mer wie­­der mit Streit­­fäl­­len zum Ar­beits­zeug­nis aus­ein­an­der­set­zen. Aber was ist in Sa­chen Zeug­nis ei­gent­lich Pflicht, was Kür und was gar nicht zu­läs­sig? André Niedostadek, Pro­fes­sor für Wirt­schafts-, Ar­beits- und So­zial­recht an der Hoch­schu­le Harz, klärt über häu­fi­ge Irr­tü­mer auf.

Was muss min­des­tens im Ar­beits­zeug­nis ste­hen?

André Niedostadek: Ein Zeug­nis muss min­des­tens An­ga­ben zur Dauer und Art der Tä­tig­keit ent­hal­ten, al­so den Be­schäf­ti­gungs­be­ginn und ge­ge­be­nen­falls die be­ruf­li­chen Sta­tio­nen mit ei­ner Be­schrei­bung der Auf­ga­ben. Man nennt das ein einfaches Zeugnis.
Re­gel­mä­ßig steht in ei­nem Zeug­nis aber mehr. Zu den wei­te­ren As­pek­ten zählt zum ei­nen die Leis­tung, wie et­wa Be­last­bar­keit oder Selbst­stän­dig­keit. Zum an­de­ren ge­hört da­zu das Ver­hal­ten, et­wa ge­gen­über Vor­ge­setz­ten, Kol­le­gen oder Ge­schäfts­part­nern. Man spricht hier von ei­nem qua­li­fi­zier­ten Zeug­nis. Ein sol­ches Zeug­nis ist al­so we­sent­lich aus­führ­li­cher, in­for­ma­ti­ver und da­mit aus­sa­ge­kräf­ti­ger. Be­schäf­tig­te nut­zen es re­gel­mä­ßig als Be­wer­bungs­un­ter­la­ge und po­ten­zi­el­le künf­ti­ge Ar­beit­ge­ber als Grund­la­ge für ei­ne Per­so­nal­ent­schei­dung. In der Pra­xis hat sich ein ty­pi­scher Auf­bau ei­nes Zeug­nis­ses eta­bliert.

Muss das Zeug­nis auch for­ma­le Kri­te­rien er­fül­len?

Niedostadek: Kla­res ja! Tat­säch­lich dreht sich bei Strei­tig­kei­ten um ein Zeug­nis über­ra­schen­der­wei­se längst nicht al­les um den In­halt, son­dern auch um die Form. Ein Zeug­nis ist zu­nächst ein­mal schrift­lich an­zu­fer­ti­gen. Das heißt, es geht nicht elek­tro­nisch per Mail. Wenn ein Un­ter­neh­men ei­ge­nes Fir­men­pa­pier ver­wen­det, muss es das auch für das Zeug­nis nut­zen.
Das Zeug­nis ist, um den for­mel­len An­for­de­run­gen zu ge­nü­gen, zu un­ter­schrei­ben. Ei­ne ein­ge­scann­te Sig­na­tur reicht nicht. Dass ein Zeug­nis sau­ber und sorg­fäl­tig aus­zu­se­hen hat, soll­te ohne­hin selbst­ver­ständ­lich sein.

Was steht am Schluss des Ar­beits­zeug­nis­ses?

Nidostadek: Ar­beits­zeug­nis­se en­den meist mit ei­ner so­ge­nann­ten Schluss­for­mel. Da­rin äußert der Ar­beit­ge­ber sein Be­dau­ern über das En­de des Ar­beits­ver­hält­nis­ses, be­dankt sich für die ge­leis­te­te Ar­beit und ver­bin­det das zu­gleich mit gu­ten Wün­schen für die wei­te­re be­ruf­li­che und manch­mal auch pri­va­te Zu­kunft.
Die kon­kre­ten For­mu­lie­run­gen kön­nen sich aber ge­wal­tig un­ter­schei­den. Es ist schon et­was an­de­res, ob man bei­spiels­wei­se das Aus­schei­den be­dauert, sehr be­dauert oder wo­mög­lich au­ßer­or­dent­lich be­dau­ert. Die Wir­kung der Schluss­for­mel kann al­so im­mens sein und das be­ruf­li­che Wei­ter­kom­men be­ein­flus­sen.
Wenn es oft heißt, der ers­te Ein­druck sei ent­schei­dend, ist es bei Zeug­nis­sen manch­mal al­so um­ge­kehrt: Da fin­det sich Span­nen­des nicht zu An­fang, son­dern am En­de. Des­we­gen ist ei­ne gu­te Schluss­for­mel auch für ehe­ma­li­ge Be­schäf­tig­te in­te­res­sant, da sie das Zeug­nis auf­wer­tet.
Jetzt kommt das Aber: Be­schäf­tig­te kön­nen nicht ver­lan­gen, dass ein Ar­beits­zeug­nis über­haupt ei­ne Schluss­for­mel ent­hält. Das hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt in ei­ner recht ak­tu­el­len Entscheidung An­fang des Jah­res noch ein­mal be­tont und da­mit sei­ne bis­he­ri­ge Recht­sprech­ung be­stä­tigt. Ar­beit­ge­ber kön­nen al­so durch­aus kom­plett auf ei­ne Schluss­for­mel ver­zich­ten.

Bis wann muss das Zeug­nis vor­lie­gen?

Niedostadek: Mit der Be­en­di­gung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses wird das Zeug­nis fäl­lig. Es ist dann zeit­nah aus­zu­stel­len, was in vie­len Un­ter­neh­men auch un­pro­ble­ma­tisch läuft. Weil die Zeug­nis­er­stel­lung im­mer in­di­vi­du­ell er­folgt und we­gen der For­mu­lie­run­gen durch­aus an­spruchs­voll ist, wird man et­was Be­ar­beitungs­zeit ge­wäh­ren müs­sen. Zwei Wo­chen gel­ten da als durch­aus an­ge­mes­sen.
Ar­beit­ge­ber soll­ten das auch nicht auf die lan­ge Bank schie­ben. Das kann näm­lich zum Scha­den­er­satz ver­pflich­ten, selbst wenn die Hür­den da­für recht hoch sind. Um­ge­kehrt soll­ten Be­schäf­tig­te nicht zu lan­ge war­ten, ein Zeug­nis an­zu­for­dern. Wer sich nicht da­rum küm­mert, ris­kiert näm­lich, den An­spruch auf ein Zeug­nis zu ver­lie­ren. Re­gel­mä­ßig ver­jährt der An­spruch nach drei Jah­ren.
 
Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Autorin

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz ist Mit­­a­r­bei­­te­­rin der Öffent­lichen Olden­burg. Sie ist ver­ant­wort­lich für den Be­reich Pres­se und Kommu­ni­ka­tion.

Mail an "Wir sind Nähe"

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