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Das Arbeitszeugnis:
Diese Standards gelten
Arbeitszeugnisse sind noch immer wichtiger Bestandteil von Bewerbungen. Ein Rechtsexperte erklärt, welche Mindestanforderungen gelten.
27. Juli 2022
Ob Form oder Inhalt: Arbeitsgerichte müssen sich immer wieder mit Streitfällen zum Arbeitszeugnis auseinandersetzen. Aber was ist in Sachen Zeugnis eigentlich Pflicht, was Kür und was gar nicht zulässig? André Niedostadek, Professor für Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht an der Hochschule Harz, klärt über häufige Irrtümer auf.
Was muss mindestens im Arbeitszeugnis stehen?
André Niedostadek: Ein Zeugnis muss mindestens Angaben zur Dauer und Art der Tätigkeit enthalten, also den Beschäftigungsbeginn und gegebenenfalls die beruflichen Stationen mit einer Beschreibung der Aufgaben. Man nennt das ein einfaches Zeugnis.
Regelmäßig steht in einem Zeugnis aber mehr. Zu den weiteren Aspekten zählt zum einen die Leistung, wie etwa Belastbarkeit oder Selbstständigkeit. Zum anderen gehört dazu das Verhalten, etwa gegenüber Vorgesetzten, Kollegen oder Geschäftspartnern. Man spricht hier von einem qualifizierten Zeugnis. Ein solches Zeugnis ist also wesentlich ausführlicher, informativer und damit aussagekräftiger. Beschäftigte nutzen es regelmäßig als Bewerbungsunterlage und potenzielle künftige Arbeitgeber als Grundlage für eine Personalentscheidung. In der Praxis hat sich ein typischer Aufbau eines Zeugnisses etabliert.
Muss das Zeugnis auch formale Kriterien erfüllen?
Niedostadek: Klares ja! Tatsächlich dreht sich bei Streitigkeiten um ein Zeugnis überraschenderweise längst nicht alles um den Inhalt, sondern auch um die Form. Ein Zeugnis ist zunächst einmal schriftlich anzufertigen. Das heißt, es geht nicht elektronisch per Mail. Wenn ein Unternehmen eigenes Firmenpapier verwendet, muss es das auch für das Zeugnis nutzen.
Das Zeugnis ist, um den formellen Anforderungen zu genügen, zu unterschreiben. Eine eingescannte Signatur reicht nicht. Dass ein Zeugnis sauber und sorgfältig auszusehen hat, sollte ohnehin selbstverständlich sein.
Was steht am Schluss des Arbeitszeugnisses?
Nidostadek: Arbeitszeugnisse enden meist mit einer sogenannten Schlussformel. Darin äußert der Arbeitgeber sein Bedauern über das Ende des Arbeitsverhältnisses, bedankt sich für die geleistete Arbeit und verbindet das zugleich mit guten Wünschen für die weitere berufliche und manchmal auch private Zukunft.
Die konkreten Formulierungen können sich aber gewaltig unterscheiden. Es ist schon etwas anderes, ob man beispielsweise das Ausscheiden bedauert, sehr bedauert oder womöglich außerordentlich bedauert. Die Wirkung der Schlussformel kann also immens sein und das berufliche Weiterkommen beeinflussen.
Wenn es oft heißt, der erste Eindruck sei entscheidend, ist es bei Zeugnissen manchmal also umgekehrt: Da findet sich Spannendes nicht zu Anfang, sondern am Ende. Deswegen ist eine gute Schlussformel auch für ehemalige Beschäftigte interessant, da sie das Zeugnis aufwertet.
Jetzt kommt das Aber: Beschäftigte können nicht verlangen, dass ein Arbeitszeugnis überhaupt eine Schlussformel enthält. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einer recht aktuellen Entscheidung Anfang des Jahres noch einmal betont und damit seine bisherige Rechtsprechung bestätigt. Arbeitgeber können also durchaus komplett auf eine Schlussformel verzichten.
Bis wann muss das Zeugnis vorliegen?
Niedostadek: Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird das Zeugnis fällig. Es ist dann zeitnah auszustellen, was in vielen Unternehmen auch unproblematisch läuft. Weil die Zeugniserstellung immer individuell erfolgt und wegen der Formulierungen durchaus anspruchsvoll ist, wird man etwas Bearbeitungszeit gewähren müssen. Zwei Wochen gelten da als durchaus angemessen.
Arbeitgeber sollten das auch nicht auf die lange Bank schieben. Das kann nämlich zum Schadenersatz verpflichten, selbst wenn die Hürden dafür recht hoch sind. Umgekehrt sollten Beschäftigte nicht zu lange warten, ein Zeugnis anzufordern. Wer sich nicht darum kümmert, riskiert nämlich, den Anspruch auf ein Zeugnis zu verlieren. Regelmäßig verjährt der Anspruch nach drei Jahren.
Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn