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Rendite im Sinkflug
Was tun gegen Negativzinsen?
Immer mehr Banken und Sparkassen erheben Negativzinsen und nennen dies „Verwahrentgelt“. Was Kunden tun können, wenn sie dem entgehen wollen. Und wie Gerichte ihnen helfen können.
31. August 2021
Waren das noch Zeiten, als Sparerinnen und Sparer von ihrer Bank Jahr für Jahr üppige Zinsen bekamen. Nicht selten lagen die Zinssätze bei fünf oder sechs Prozent. Doch das ist inzwischen lange her. Immer magerer sind die Renditen seitdem geworden.
Und nicht nur das: Immer mehr Geldinstitute sind inzwischen dazu übergegangen, die Negativzinsen an ihre Kunden weiterzugeben – zumindest ab größeren Freibeträgen. „Allein seit Jahresanfang haben mehr als 150 Banken und Sparkassen Negativzinsen für Privatkunden eingeführt“, sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen.
Nach der jüngsten Auswertung des Vergleichsportals Verivox erheben inzwischen 349 Banken und Sparkassen ein sogenanntes Verwahrentgelt bei größeren Summen auf dem Tagesgeld- oder Girokonto. Das sind 171 mehr als Ende 2020.
Banken geben Negativzinsen weiter
Grund dafür ist die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Notenbank will Geldinstitute animieren, ihre überschüssige Liquidität als Kredite an die Realwirtschaft weiterzureichen, um so die Wirtschaft zu stärken. Für Einlagen bei der EZB müssen Geldinstitute daher 0,5 Prozent zahlen. Diesen Negativzins geben die Geldinstitute an ihre Kundinnen und Kunden weiter.
„So mancher Anbieter geht auch einen Schritt weiter und setzt das Verwahrentgelt höher als die EZB an“, erklärt Oelmann. So verlangen einige Geldinstitute von Kunden 0,7 Prozent.
Entgelte bleiben umstritten
Ob die Einführung solcher Verwahrentgelte rechtens ist, ist juristisch umstritten. Generell gilt: Eine Bank darf Negativzinsen beziehungsweise Verwahrentgelte bei Bestandskunden nicht einseitig einführen. „Zunächst muss das Geldinstitut informieren, dann das Einverständnis des Kunden einholen“, betont Duygu Damar vom Institut für Finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg. Darüber treffen beide Seiten eine sogenannte Individualvereinbarung.
In der Praxis funktioniert das aber nicht in jedem Fall so offensiv. Manche Geldinstitute schicken Kunden Schreiben, in denen sie auf Preisänderungen hinweisen. Widersprechen die Kunden nicht, werden die Änderungen wirksam. Doch dieser Gebührenänderungspraxis der Geldinstitute hat der Bundesgerichtshof gerade erst einen Riegel vorgeschoben. Geldinstitute dürfen laut BGH Gebühren nur mit aktiver Zustimmung der Kundinnen und Kunden erhöhen (Az.: XI ZR 26/20).
Ist die doppelte Bepreisung zulässig?
Das Verwahrentgelte zusätzlich zu ohnehin schon bestehenden Kontoführungsgebühren anfallen, ist nach Ansicht des Landgerichts Leipzig aber zulässig (Az.: 05 O 640/20).
Wechsel zu anderer Bank prüfen
Kunden, die mit Negativzinsen nicht einverstanden sind, können über einen Bankenwechsel nachdenken. Bei der Suche nach einem anderen Anbieter helfen Vergleiche, zum Beispiel die der Stiftung Warentest. Manche Anbieter zahlen ihren Kunden durchaus noch Zinsen. „Allerdings besteht keine Garantie, dass die neue Bank künftig keine Negativzinsen einführen wird“, sagt Duygu Damar. „Bei Neuverträgen können Banken in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen die negative Verzinsung als Preisabrede aufnehmen“, so Damar. Wechselwillige sollten sich also im Vorfeld genau informieren.
Wer nicht gleich komplett die Bank wechseln will, kann sein angespartes Vermögen auch aufteilen. Ein Teil des Geldes kann auf ein Festgeldkonto fließen. Hier gibt es laut FMH bei Laufzeiten zwischen sechs Monaten und drei Jahren zwischen 0,05 Prozent und 1,14 Prozent Zinsen. Der Nachteil: Das Geld ist für die Laufzeit gebunden.
Oberes Foto: Boris Roessler/dpa/dpa-mag